Roms Haushaltspläne zurückgewiesen „Italiens Schulden-Probleme sind hausgemacht“

Brüssel weist Roms Haushaltspläne zurück, weil die Neuverschuldung nicht regelkonform sei. Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher spricht im Interview über die Entscheidung der EU-Kommission und ob Italien das neue Griechenland wird.

 Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Foto: picture alliance / Daniel Naupol/Daniel Naupold

Herr Fratzscher, wird Italien zum neuen Griechenland?

Marcel Fratzscher: Klar ist, Italien hat viel zu hohe Staatsschulden. Die Gesamtverschuldung gemessen an seinem Bruttosozialprodukt beträgt mehr als 130 Prozent. Nach den EU-Stabilitätskriterien sind maximal 60 Prozent erlaubt. Das ist eine erhebliche Gefahr. Wenn es zu einer Schieflage Italiens käme, wäre das um ein Vielfaches schlimmer als im Falle Griechenland. Die italienische Volkswirtschaft ist etwa zehnmal so groß wie die griechische.

Was hieße das für Deutschland?

Fratzscher: Eine solche Entwicklung würde auch Deutschland in eine tiefe Rezession stürzen. Viele deutsche Unternehmen und Banken haben dort investiert. Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass es zu einem solchen Szenario kommt.

Wegen des hohen Schuldenstands werden die Zinskonditionen für Italien aber immer schlechter. Kann das nicht zur Zahlungsunfähigkeit führen?

Fratzscher: Das sehe ich derzeit nicht, weil Italiens Staatsschulden längerfristig finanziert sind. Festzuhalten bleibt auch, dass Italien in den letzten zehn Jahren verglichen etwa mit Spanien oder Frankreich eine solide Haushaltspolitik gemacht hat.

Brüssel hat Roms Haushaltsentwurf zurückgewiesen.

Fratzscher: Das ist die richtige Antwort, denn mit dem Entwurf hat Italien bewusst gegen frühere Absprachen mit der EU verstoßen. Die italienische Regierung kommt um Anpassungen bei ihrem Etat nicht herum. Ansonsten wird das Problem in erster Linie zu Lasten der italienischen Bevölkerung gehen.

Könnte Roms Schuldenpolitik den Euro zerstören?

Fratzscher: Nicht die italienische Schuldenpolitik. Aber der antieuropäische Populismus der italienischen Regierung, der dem Euro die Schuld für alle italienischen Probleme gibt. Italiens Probleme sind hausgemacht, und der Populismus kann die europäische Gemeinschaftswährung zerstören. vet

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