Inhaftierte Julia Timoschenko im Hungerstreik

Kiew/Berlin (dpa) - Aus Protest gegen ihre Haftbedingungen ist die erkrankte ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko (51) nach Angaben ihres Anwalts in einen unbefristeten Hungerstreik getreten.

Nach einem erzwungenen Transport in eine Klinik der Ex-Sowjetrepublik weise der Körper der Oppositionsführerin schwere Blutergüsse auf, sagte ihr Verteidiger Sergej Wlassenko am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. Sie sei nach einem Schlag in den Bauch bewusstlos geworden und erst im Krankenhaus aufgewacht, ließ Timoschenko mitteilen. Dies dementierte der Gefängnisdienst der Stadt Charkow rund 450 Kilometer östlich von Kiew jedoch vehement.

Um gegen die Behandlung durch das Personal der Haftanstalt und die Ärzte zu protestieren, nehme Timoschenko bereits seit dem 20. April keine Nahrung mehr zu sich, sagte Wlassenko. Seine Mandantin fordere auch ein Ende der „politischen Repressionen“ in der Ukraine.

Ärzte der Berliner Charité hatten die 51-Jährige vor kurzem in Charkow untersucht und als sehr krank bezeichnet. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte in Berlin, er sei „in tiefer Sorge“ über die Zustände. „Wir werden gegenüber den ukrainischen Behörden weiter darauf drängen, dass Frau Timoschenko endlich eine adäquate medizinische Behandlung erhält“, hieß es in einer Mitteilung.

Die über starke Rückenschmerzen klagende Julia Timoschenko sei am vergangenen Freitag gegen ihren Willen in ein Krankenhaus gebracht worden, räumte die Staatsanwaltschaft von Charkow ein. Die Inhaftierte sei „in den Krankenwagen getragen und in die Klinik gefahren“ worden, sagte Staatsanwalt Gennadi Tjurin. Die Gesetze gestatteten „physische Gewalt“. Da die Oppositionsführerin die Behandlung ablehnte, war sie am Sonntag zurück in die Haftanstalt gebracht worden. Die Politikerin misstraut einheimischen Ärzten.

Die Berliner Charité widersprach unterdessen Berichten, wonach deutsche Ärzte einen Wirbelbruch bei Timoschenko bestätigt hätten. Charité-Chef Karl Max Einhäupl und Orthopädie-Leiter Norbert Haas würden ihr Gutachten bald veröffentlichen, sagte eine Sprecherin.

Timoschenko war im Oktober 2011 in einem als politisch motiviert kritisierten Prozess wegen angeblichen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Seit kurzem wird gegen die Führerin der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004 in einem zweiten Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung verhandelt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort