Hunderte Verletzte bei Straßenschlachten in Kairo

Kairo (dpa) - Hunderte meist jugendliche Ägypter haben sich auf dem Tahrir-Platz in Kairo Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden 590 Menschen verletzt, viele von ihnen durch eingeatmetes Tränengas.

Die Jugendlichen hatten zuvor gegen die aus ihrer Sicht nicht ausreichende Bestrafung ehemaliger Funktionäre durch die Justiz protestiert. Sie warfen in der Nacht zum Mittwoch Steine und Brandsätze, die Polizei setzte Gummigeschosse, Schlagstöcke und Tränengas ein, wie Augenzeugen berichteten.

Später zogen die Demonstranten auch vor das Innenministerium. Am Ende des Tages wurden nach Informationen aus Sicherheitskreisen 40 von ihnen an ein Militärgericht überwiesen. Ein Brite und ein US-Bürger seien festgenommen worden, weil man ihre Identität habe feststellen wollen, hieß es.

Einige Jugendlichen kündigten an, sie wollten wieder eine Dauerbesetzung des Tahrir-Platzes organisieren. Der Militärrat, der das Land seit der Entmachtung von Präsident Husni Mubarak im Februar kontrolliert, rief die Bürger auf, Ruhe zu bewahren und nichts zu tun, „was die Stabilität gefährdet“.

Die Ausschreitungen hatten nach einer Gedenkfeier von Angehörigen der „Märtyrer der Revolution“ in einem anderen Stadtteil begonnen. Militante Anhänger der Protestbewegung, die den Sturz von Mubarak herbeigeführt hatte, zogen zum Tahrir-Platz. Sie fordern eine zügigere juristische Aufarbeitung der Tötung von mehr als 800 Demonstranten bei den damaligen Protesten.

Am letzten Sonntag war der Prozess gegen Ex-Innenminister Habib al-Adli und sechs ehemalige Führungskader seines Ministeriums wegen der Tötung von Demonstranten nach nur drei Minuten vertagt worden. Angehörige der Opfer der damaligen Polizeibrutalität bewarfen die Sicherheitskräfte vor dem Gericht daraufhin mit Steinen.

Die jüngsten Ausschreitungen spiegeln ein weit verbreitetes Gefühl der Unzufriedenheit mit dem Gang der Dinge seit der Entmachtung Mubaraks wider. Einige Parteigänger des Ex-Präsidenten und Günstlinge seiner Herrschaft blieben unbehelligt in ihren Positionen. Einige der „Revolutionäre“ beklagten auch, dass die Polizei die Würde der Bürger immer noch missachte wie einst.

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