Hamas wirft Israel Verletzung von Waffenruhe vor

Gaza/Tel Aviv (dpa) - Die Waffenruhe für den Gazastreifen hat am Freitag die erste Krise überstanden. Israelische Soldaten erschossen nach palästinensischen Angaben einen von mehreren Hundert palästinensischen Demonstranten am Grenzzaun zu dem Gebiet am Mittelmeer.

Weitere 24 Palästinenser seien durch israelisches Feuer verletzt worden, teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums der Enklave, Aschraf al-Kedra, mit. Die herrschende radikal-islamische Hamas geißelte das zwar als Verstoß gegen die seit Mittwochabend geltende Waffenruhe. Sie reagierte aber nicht mit erneuten Raketenangriffen auf Israel, sondern legte Beschwerde bei Ägypten als Garanten der Waffenruhe ein.

Die israelischen Streitkräfte bestätigten, dass Warnschüsse auf Demonstranten am Grenzzaun abgegeben worden seien und Soldaten auch auf die Beine von Demonstranten gezielt hätten. Zuvor hätten Palästinenser versucht, den Grenzzaun zu zerstören. Mindestens ein Demonstrant habe ihn auch kurzfristig überwunden und sei auf israelisches Gebiet vorgedrungen.

Im Fernsehen waren Bilder zu sehen, auf denen Demonstranten unmittelbar an dem Zaun standen und israelische Soldaten wenige Meter entfernt auf der anderen Seite auf sie anhielten. Schüsse waren auf den Bildern nicht zu sehen. Normalerweise schießen israelische Soldaten nach einer Warnung schon scharf, wenn jemand vom Gazastreifen aus auch nur in die 300 Meter breite Sicherheitszone vor dem Zaun eindringt. Solche Zwischenfälle sind nicht selten und enden leicht tödlich. Wiederholt waren auch Sprengsätze am Zaun angebracht worden, die die Grenzsoldaten verletzten.

Augenzeugen im Gazastreifen sagten, am Morgen seien zunächst fünf Bauern östlich von Chan Junis auf ihren Feldern in der Nähe des Grenzzaunes von israelischen Soldaten angeschossen worden. Daraufhin habe es eine spontane Demonstrationen von Bewohnern zweier nahe gelegener Dörfer gegeben. Einer der Demonstranten sei mit einer palästinensischen Flagge in der Hand auf den Zaun zugelaufen und dann erschossen worden. Weitere 19 Teilnehmer des Protestmarsches seien durch israelische Kugeln verletzt worden.

Es sei der erste Zwischenfall seit Beginn der Waffenruhe, betonten beide Seiten übereinstimmend. Bis auf fünf Raketen in der ersten Stunde der Waffenruhe sei Israel danach nicht mehr aus dem Gazastreifen angegriffen worden, bestätigte ein Militärsprecher der Nachrichtenagentur dpa. Auch nach Angaben eines dpa-Reporters im Gazastreifen gab es bis auf den Grenzzwischenfall keinerlei Verletzungen der Waffenruhe.

Hamas-Mitglieder steckten nach israelischen Angaben auch hinter dem Bombenanschlag auf einen Stadtbus in Tel Aviv am Mittwoch. Sicherheitskräfte nahmen den mutmaßlichen Täter sowie mehrere Komplizen fest, die zur Hamas und zum Islamischen Dschihad gehörten, teilte Armee-Sprecherin Avital Leibovich mit. Der mutmaßliche Täter ist nach diesen Angaben ein israelischer Palästinenser aus der Stadt Taibe in Israel. Er habe die Tat gestanden, hieß es. Bei dem Anschlag waren am Mittwoch kurz vor Beginn der Waffenruhe für den Gazastreifen 17 Menschen verletzt worden.

Die seit Mittwoch 20 Uhr geltende Waffenruhe hatte achttätige bittere Kämpfe zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen beendet. Bei den Kämpfen waren 164 Palästinenser und 6 Israelis getötet worden. Auf palästinensischer Seite wurden nach diesen Angaben 1225 Menschen verletzt, in Israel mehr als 100. Insgesamt wurden mehr als 1500 Raketen auf Israel abgefeuert; Israels Luftwaffe griff etwa 1500 Ziele im Gazastreifen an und zerstörte Waffen und wichtige Einrichtungen der Hamas.

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