Haftbefehl gegen Diktator Gaddafi beantragt

Der Machthaber soll vor den Strafgerichtshof — fraglich ist, wer ihn verhaften könnte.

Den Haag. Drei Monate nach dem Ausbruch der Unruhen in Libyen hat der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) Haftbefehl gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi beantragt. Auch dessen Sohn Saif al-Islam sowie Geheimdienstchef Abdullah Sanussi sollen festgenommen werden und sich vor dem Tribunal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten, verlangte Staatsanwalt Luis Moreno-Ocampo am Montag in Den Haag.

Die Staatsanwaltschaft werfe den drei Verdächtigen die Tötung von mindestens 500 bis 700 Demonstranten bei friedlichen Kundgebungen vor, sagte der Chefankläger vor der internationalen Presse. Sie lege ihnen auch den Einsatz schwerer und teils verbotener Waffen — speziell Splitterbomben — gegen Zivilisten sowie gezielte Vergewaltigungen als Mittel zur Einschüchterung der Bevölkerung zur Last.

„Gaddafi hat die Verbrechen verübt, um seine Macht zu sichern“, erklärte Moreno-Ocampo auf einer Pressekonferenz. Diese Verbrechen gingen weiter, „während wir hier versammelt sind“. Er räumte aber gleichzeitig ein, dass es fraglich ist, wie die Haftbefehle vollstreckt werden sollen.

Zu seiner Verhaftung wären nach jetziger Rechtslage zunächst die libyschen Behörden aufgefordert. Wenn die dazu nicht willens oder nicht in der Lage sind, könnte die Nato den „Job“ erledigen — aber nur, wenn Russland und China einer entsprechend erweiterten Resolution des Uno-Sicherheitsrates in New York zustimmen. Und auch nur, wenn sie bereit wäre, Bodentruppen oder zumindest ein Luftlandekommando einzusetzen. Denn mit Kampfjets allein ließe sich der Despot kaum einfangen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte den Antrag. „Ein Mann, der einen Krieg gegen das eigene Volk führt, der muss sich auch verantworten“, sagte Westerwelle bei einem Besuch in Marokko.

Das Regime in Tripolis zeigte sich nach außen hin unbeeindruckt. Seine Regierung werde die Haftbefehle „ignorieren“, sagte der stellvertretende libysche Außenminister Chalid Kaim. Derweil suchen immer mehr Militärs und Politiker das Weite. Tunesische Medien meldeten, drei Offiziere der libyschen Armee hätten sich mit einem Boot aus der Stadt Al-Sawija nach Tunesien abgesetzt. dpa

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