Gaza-Krieg eskaliert wieder: Versuchte Tötung von Hamas-Militärchef

Tel Aviv/Gaza (dpa) - Nach dem Scheitern der Waffenruhe-Gespräche fließt im Gaza-Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern wieder Blut. Israel bestätigte am Mittwoch den Versuch einer gezielten Tötung des einflussreichen Militärchefs der im Gazastreifen herrschenden Hamas, Mohammed Deif.

Gaza-Krieg eskaliert wieder: Versuchte Tötung von Hamas-Militärchef
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Ob er tatsächlich getroffen wurde, war zunächst unklar. Deifs 27-jährige Frau, sein sieben Monate altes Kind und zwei weitere Menschen kamen bei dem Luftangriff ums Leben. Am Abend wurde über Tel Aviv wieder eine Rakete aus Gaza abgefangen.

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Der US-Nachrichtensender Fox News berichtete unter Berufung auf israelische Geheimdienstquellen, auch Deif sei wohl getötet worden. Hingegen betonten eine von Deifs Schwestern und seine Schwiegermutter in Gaza, er sei am Leben. Auch die Hamas dementierte, dass der 1962 geborene Deif getötet worden sei. Der Hamas-Funktionär Mussa Abu Marsuk nannte den Angriff ein „Verbrechen“.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Führer der militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen als „legitimes Ziel“. Er wollte sich jedoch nicht dazu äußern, ob Deif getötet wurde. Gleichzeitig deutete Netanjahu die Möglichkeit einer langfristigen Friedensregelung in der Region an. „Wer sagt, dass wir den Frieden aufgegeben haben?“ Er kündigte einen „neuen diplomatischen Horizont“ an, ohne sich zu Einzelheiten zu äußern.

Bei einem anderen israelischen Angriff auf ein Gebäude in Dir el Balach im Gazastreifen wurden nach palästinensischen Angaben acht Mitglieder einer Familie getötet. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, unter den Toten seien mehrere Kinder und die Eltern. Auch vier militante Palästinenser seien bei zwei gezielten Luftangriffen getötet worden.

Binnen Stunden wurden bei israelischen Luftschlägen mindestens 21 Palästinenser getötet und 120 verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte. Militante Palästinenser feuerten rund 180 Raketen auf Israel ab.

Israels Sicherheitskabinett beriet in Tel Aviv das weitere Vorgehen im Gaza-Konflikt. Rechtsorientierte Minister fordern einen Sturz der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen. Die Armee habe 2000 Reservisten wieder einberufen, die bereits freigestellt worden waren, bestätigte eine Militärsprecherin.

Deif gilt in Gaza als einer der wichtigsten Drahtzieher, er hat schon mehrere versuchte Tötungen durch Israel überlebt. Israel wirft ihm vor, er dirigiere den Gaza-Krieg aus dem Untergrund.

Israel hatte in der Vergangenheit immer wieder politische und militärische Führer der Hamas gezielt getötet. Der spirituelle Führer Ahmed Jassin, der an einen Rollstuhl gefesselt war, kam 2004 bei einem Luftangriff Israels ums Leben. Später tötete Israel auch dessen Nachfolger Abdel Asis Rantisi und 2012 den Hamas-Militärchef Ahmed Dschabari.

Eine Feuerpause zwischen Israel und den militanten Palästinensern war am Dienstag gebrochen worden. Beide Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Die Regierung in Jerusalem zog aus Protest gegen neue Raketenangriffe ihre Verhandlungsdelegation aus Kairo ab. Dort sollte eine dauerhafte Waffenruhe ausgehandelt werden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Bruch der von Ägypten vermittelten Waffenruhe aufs Schärfste. Er sei sehr enttäuscht über das Wiederaufflammen der Feindseligkeiten.

Noch vor Ablauf einer Feuerpause um 23.00 Uhr MESZ am Dienstagabend waren drei Raketen aus dem Gazastreifen in der Nähe der Wüstenstadt Beerscheva eingeschlagen, sagte eine israelische Militärsprecherin. Israel reagierte sofort mit neuen Luftangriffen. Später heulten in weiten Teilen Israels wieder die Sirenen. Im Großraum von Tel Aviv schlug eine Rakete ein.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor gut sechs Wochen sind nach palästinensischen Angaben mehr als 2040 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 10 000 verletzt worden. Auf israelischer Seite kamen 64 Soldaten und drei Zivilisten ums Leben, Hunderte wurden verletzt.

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