Fünf Tote bei Ausschreitungen in Marokko

Rabat (dpa) - Die Unruhen in Staaten der arabischen Welt haben auf Marokko übergriffen und fünf Menschen das Leben gekostet. Bei Ausschreitungen im Anschluss an Protestkundgebungen seien zudem 128 Menschen verletzt worden, teilte der marokkanische Innenminister Taieb Cherqaoui am Montag in Rabat mit.

Die schlimmsten Zwischenfälle ereigneten sich in Al-Hoceima im Norden des Landes, wo Gewalttäter eine Bankfiliale aufgebrochen und in Brand gesetzt hatten. Fünf Menschen verbrannten bei lebendigem Leibe, weil die Flammen ihnen den Fluchtweg versperrten. Nach einer Bilanz des Ministers war es in der Nacht zum Montag in insgesamt sieben Städten zu gewaltsamen Zwischenfällen gekommen. Gewalttätige Regierungsgegner lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Unter den 128 Verletzten waren nach Angaben des Ministers 115 Beamte der Sicherheitskräfte. 120 Verdächtige seien festgenommen worden.

Zuvor hatten Tausende Marokkaner in den größeren Städten des Landes friedlich für einen demokratischen Wandel demonstriert. Die Demonstranten forderten den Rücktritt der Regierung, die Auflösung des Parlaments und eine Verfassungsreform zur Einschränkung der Macht von König Mohammed VI. Der Minister bezifferte die Zahl der Teilnehmer auf insgesamt 37 000. Die Kundgebungen in der Hauptstadt Rabat und der Wirtschaftsmetropole Casablanca verliefen ohne Zwischenfälle.

Zu Ausschreitungen kam es in Marrakesch, Tanger, Tetuan, Larache, Al-Hoceima, Sefrou und Guelmin. Unter den Gewalttätern waren nach Angaben des Ministers viele Jugendliche und Vorbestrafte, die es vor allem auf Plünderungen abgesehen hätten. In Larache überfielen Gewalttäter eine Zollstation, in der sichergestellte Drogen und Alkohol gelagert waren. Nach der Bilanz des Ministers wurden insgesamt 83 Läden und Gebäude, 20 Bankfilialen und 66 Autos in Brand gesetzt oder beschädigt.

Zu den Kundgebungen hatten Bürgerinitiativen und Jugendgruppen aufgerufen. Die Veranstalter verurteilten die Ausschreitungen. Sie wollen in nächster Zeit an jedem Abend Sitzstreiks vor dem Parlament in Rabat abhalten. Die Proteste wurden auch unterstützt von der gemäßigten islamistischen Bewegung Gerechtigkeit und Wohltätigkeit, die über viele Anhänger verfügt. Sie ist in Marokko offiziell verboten, wird aber teilweise toleriert.

König Mohammed VI. will in den kommenden Tagen politische Reformen bekanntgeben. Marokko war bislang von den Unruhen in der arabischen Welt kaum betroffen gewesen. Das Land verfügt über eine vielfältige Parteienlandschaft und ein freigewähltes Parlament. Die Macht der Regierung ist allerdings dadurch eingeschränkt, dass der König in wichtigen Fragen das letzte Wort hat. Der Monarch ernennt auch die Minister für die Schlüsselressorts.

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