EU will schnelle Westanbindung der Ukraine

Warschau/Brüssel (dpa) - Die EU droht Moskau mit schärferen Sanktionen und verstärkt zugleich ihre Hilfe für die Ukraine. Auch die G7-Staaten stellen sich mit klaren Worten gegen Russland. Doch die selbst ernannte Führung der Halbinsel Krim hält unbeirrt an ihrem Moskau-Kurs fest.

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Wenige Tage vor dem umstrittenen Referendum der Krim über einen Anschluss an Russland treibt die EU die Anbindung der Ukraine an den Westen voran. Teil eins des Assoziierungsabkommens der EU mit Kiew solle bereits Ende nächster Woche unterzeichnet werden, kündigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Polens Ministerpräsident Donald Tusk am Mittwoch in Warschau an.

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Zugleich verschärften die G7-Staaten ihre Haltung gegenüber Moskau. Sie warnten Russland in einer gemeinsamen Erklärung eindringlich vor einer Annexion der Krim und drohten „weitere Maßnahmen“ an, falls Moskau die Souveränität der Ukraine nicht achte. Merkel drohte Kremlchef Wladimir Putin hart wie nie mit dauerhaften Konsequenzen.

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„Wenn es zu keiner Kontaktgruppe kommt, wenn die Gespräche nicht erfolgreich sind, dann sind Sanktionen unabdingbar“, sagte die Kanzlerin. „Wir haben einen sehr ernsten Konflikt innerhalb Europas.“ In den Gesprächen der vergangenen Tage mit Russland habe es keine Fortschritte gegeben. Merkel sagte weiter: „Ich glaube, dass wir einen sehr langen Atem brauchen.“ Deutschland löse seine Konflikte nicht militärisch, gehe ihnen aber auch nicht aus dem Weg.

US-Präsident Barack Obama bekräftigte nach einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk im Weißen Haus, dass Russland „Kosten auferlegt“ würden, sollte es in der Ukraine weiterhin internationales Recht brechen. Details nannte er nicht.

Die Bürger der ukrainischen Krim sollen am kommenden Sonntag über den Anschluss an Russland abstimmen. Eine Mehrheit dafür gilt als wahrscheinlich. Nach dem blutigen Machtwechsel in Kiew kontrollieren seit Ende Februar Russisch sprechende Bewaffnete die Schwarzmeerhalbinsel. Moskau betreibt eine schnelle Eingliederung des über Jahrhunderte russischen Gebiets in die Russische Föderation.

Der Europäische Rat will laut Tusk den „politischen Teil“ des Abkommens mit der Ukraine bereits bei seiner nächsten Sitzung unterschreiben. Der Gipfel findet am kommenden Donnerstag und Freitag in Brüssel statt. Der inzwischen abgesetzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch das Assoziierungsabkommen auf Eis gelegt, nachdem Russland dem Nachbarland mit Wirtschaftssanktionen gedroht hatte.

Bereits am Montag will die EU Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen Moskau verhängen, sollten die Krim-Bewohner für die Abspaltung stimmen. Die EU hatte in der vorigen Woche aus Protest gegen das Verhalten Russlands einen Drei-Stufen-Plan beschlossen.

Als erstes wurden die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für Russen ausgesetzt. Auch über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Moskau wird vorerst nicht weiter verhandelt. Für den Fall einer Eskalation der Lage hat die EU härtere Strafmaßnahmen bis hin zu Wirtschaftssanktionen gegen Russland angekündigt.

In der G7-Erklärung heißt es weiter, das Krim-Referendum sei illegal, weshalb die G7-Staaten das Ergebnis nicht anerkennen würden. Eine Annektierung der Krim verletze die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine. Russland müsse alle „Maßnahmen zur Unterstützung eines Referendums“ beenden und seine Truppen auf der Krim „auf die Vor-Krisen-Stärke“ zurückführen. Einzelheiten zu den angedrohten weiteren Maßnahmen machten sie nicht.

Der Gemeinschaft gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA an. Auch die EU nimmt an den Beratungen teil. Die G7 wurde 1998 durch Aufnahme Russlands zur G8 erweitert. Die sieben Staaten hatten bereits ihre Vorbereitungen für den G8-Gipfel Anfang Juni im russischen Sotschi ausgesetzt.

Die selbst ernannte Krim-Regierung zeigte sich von den Warnungen aus dem Westen unbeeindruckt. Sie schränkte am Mittwoch den Luftraum über der Halbinsel bis nach dem Referendum ein. Damit solle die Ankunft von „Provokateuren“ aus Kiew und der Westukraine verhindert werden, sagte Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew.

Die Krim-Führung verkündete, sie könne in kurzer Zeit bis zu 7000 Bewaffnete mobilisieren. Schon jetzt verfügten die „Selbstverteidigungskräfte“ auf der Halbinsel über 3000 Mitglieder, sagte Parlamentschef Wladimir Konstantinow in Simferopol. Sie sollen bei dem Referendum die Wahllokale schützen. Konstantinow sagte, die Führung rechne bei der Volksbefragung mit etwa 85 Prozent Zustimmung.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat nach eigenen Angaben Beweise für die Anwesenheit russischer Soldaten auf der Halbinsel. Ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht nennt als Belege die Ausrüstung der „Selbstverteidigungskräfte“ sowie Nummernschilder von Lastwagen. Moskautreue Bewaffnete hatten OSZE-Beobachtern in den vergangenen Tagen fünfmal den Zugang zur Krim versperrt - auch mit Warnschüssen. Die Experten sollen Russlands militärische Aktivitäten in der Ukraine beobachten. In einem Telefonat mit Putin forderte der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter Moskau auf, die Beobachtermission zuzulassen.

Aus den USA wird laut Medienberichten am Donnerstag eine Delegation mit acht Senatoren, angeführt von dem einstigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, in die Ukraine reisen. US-Außenminister John Kerry trifft am Freitag erneut seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow. Die USA begannen am Mittwoch zusammen mit den Nato-Partnern Rumänien und Bulgarien eine Militärübung im Schwarzen Meer. Das Manöver gilt als ein Zeichen dafür, dass die USA entschlossen sind, ihre Verbündeten aus dem ehemaligen Ostblock zu verteidigen.

Aus Frankreich reisen am kommenden Dienstag Außenminister Laurent Fabius und Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian zu Gesprächen nach Moskau. Präsident François Hollande forderte Putin am Mittwoch in einem Telefonat zu Besonnenheit auf.

In Deutschland trafen am Nachmittag 24 Ukrainer, die bei den Demonstrationen auf dem Maidan in Kiew schwer verletzt worden waren, zur Behandlung ein. Berliner Krankenhäuser nehmen die Hälfte der Verletzten auf, die anderen zwölf werden in Ulm und Koblenz versorgt.

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