EU-Gipfel stellt Russland Ultimatum

Brüssel (dpa) - In der Ukraine-Krise verschärft die EU den Ton und stellt Russland ein Ultimatum von 72 Stunden. Bis Montag (30. Juni) muss die Regierung in Moskau zeigen, dass sie es ernst meint mit der Entspannung in der Ostukraine.

EU-Gipfel stellt Russland Ultimatum
Foto: dpa

Russland müsse „substanzielle Verhandlungen“ über den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko aufnehmen, forderten Europas Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen am Freitag in Brüssel. Anderenfalls werde die EU neue Sanktionen gegen Moskau beschließen, heißt es in einer Erklärung.

Seit längerem erwägen die EU-Staaten Wirtschaftssanktionen gegen Moskau, die aber innerhalb der EU umstritten sind. Bislang hat die EU gegen 61 Personen Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt.

Die Staats- und Regierungschefs betonten, sie könnten „jederzeit wieder zusammentreten, um weitere bedeutsame Strafmaßnahmen zu beschließen“. Das wäre etwa beim Sondergipfel Mitte Juli möglich.

Diplomaten erwarten, dass Poroschenko die am Abend ablaufende Waffenruhe um 72 Stunden bis zum Montagabend verlängert. Der Präsident ließ beim EU-Gipfel aber zunächst offen, ob er dies tun wird. „Ich werde darüber nach meiner Rückkehr (nach Kiew) entscheiden“, sagte der Staatschef: „Aber die Frist läuft um 22.00 Uhr ab, und deshalb wird das heute entschieden.“ Der Präsident begrüßte den Kurs der EU: „Die gesamte EU zeigt sich solidarisch mit der Ukraine.“

Kremlchef Wladimir Putin bekräftigte unterdessen seine Forderung nach einer dauerhaften Waffenruhe in der Ostukraine. „Die Ukrainer müssen auf den Weg des Friedens, des Dialogs und der Verständigung zurückkehren“, sagte Putin der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Der russische Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich zuversichtlich: „Ich hoffe, dass die erklärte Verlängerung der Waffenruhe um 72 Stunden (...) zu beständigeren Vereinbarungen führt“, sagte Lawrow.

Die EU stellte drei weitere Forderungen an Russland. Man müsse sich auf einen Mechanismus zur Überprüfung eines Waffenstillstands durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa einigen. Zudem müssten drei von Separatisten kontrollierte Grenzübergänge an die ukrainischen Behörden zurückgegeben werden. Schließlich müssten alle Geiseln einschließlich der OSZE-Beobachter frei kommen.

Weitere Spannungen mit Russland zeichneten sich ab, nachdem die EU mit der Ukraine ein jahrelang umstrittenes Partnerschaftsabkommen geschlossen hatte. Dies sieht eine enge wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit vor. Auch Georgien und die Republik Moldau unterzeichneten ähnliche Assoziierungsabkommen. Die drei Staaten hoffen auf einen späteren EU-Beitritt.

Russland reagierte auf die Unterzeichnung prompt. Der russische Vize-Außenminister Grigori Karassin warnte einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax zufolge vor „ernsten Folgen“.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy versuchte, Moskau zu beruhigen: „Es gibt in diesen Abkommen und in der Haltung der EU dazu nichts, was Russland in irgendeiner Weise schaden könnte.“

Poroschenko nannte das Abkommen „das Ergebnis von sieben Jahren Arbeit“. Es sieht einen fast 100-prozentigen Verzicht beider Seiten auf Zölle für Handelswaren vor. Der politische Teil des Pakts mit Kiew war schon am 21. März unterzeichnet worden. Das Ukraine-Abkommen sollte ursprünglich schon im vergangenen November unterschrieben werden. Der damalige Präsident Viktor Janukowitsch verweigerte aber auf Moskauer Druck hin die Unterzeichnung. Dieser Kurswechsel führte zu monatelangen Protesten auf dem Maidan in Kiew.

Poroschenko bat die EU um die Zusage für eine spätere Mitgliedschaft, sofern sein Land die Voraussetzungen erfülle. Er gab eine „einseitige Erklärung“ ab, dass die Ukraine mit ihrer Unterschrift unter das Abkommen ihre „souveräne Entscheidung für eine künftige Mitgliedschaft in der EU“ unterstreicht. Die Beitrittsperspektive sei „eine wichtige Karotte, damit die Ukraine hart arbeitet.“ EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle begrüßte den Wunsch der Ukraine: „Das ist legitim“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Auch Georgien und Moldau unterstrichen in Brüssel ihren EU-Beitrittswunsch. Georgiens Regierungschef Irakli Garibaschwili sagte, Georgien wolle „ein volles Mitglied der europäischen Familie werden“. Sein moldauischer Kollege Iurie Leanca sagte: „Wir wissen, wie anspruchsvoll dieser Weg sein wird. Aber zweifeln Sie nicht an unserer Entschlossenheit.“

Die EU hat den drei Staaten bisher keine spätere Mitgliedschaft versprochen. EU-Kommissionspräsident Barroso sagte: „Das ist nicht das Ende des Weges, sondern der Beginn einer Reise, auf die sich die EU und die drei Partner gemeinsam begeben.“

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