Nach zähem Streit EU einigt sich auf Agrarreform - Umweltschützer fürchten Mogelpackung

Brüssel · Die Agrarförderung aus Brüssel bestimmt maßgeblich, wie unsere Lebensmittel produziert werden. Das soll künftig umweltfreundlicher geschehen - auf eine entsprechende Reform wurde sich nun geeinigt. Umweltschützer fürchten jedoch eine Mogelpackung.

 Geeinigt wurde sich darauf, dass künftig ein bestimmter Teil der Agrargelder in sogenannten Ökoregelungen - also Gelder die an Umweltauflagen geknüpft sein sollen - fließen soll.

Geeinigt wurde sich darauf, dass künftig ein bestimmter Teil der Agrargelder in sogenannten Ökoregelungen - also Gelder die an Umweltauflagen geknüpft sein sollen - fließen soll.

Foto: dpa/Armin Weigel

Die EU-Staaten und das Europaparlament haben sich im zähen Streit um die Reform der milliardenschweren europäischen Agrarpolitik auf einen Kompromiss geeinigt. Künftig soll mehr Geld in Umwelt- und Klimaschutz investiert werden, wie der Vorsitzende des Agrarausschusses, Norbert Lins (CDU), am Freitag bestätigte. Die Einigung über die für die Jahre 2023 bis 2027 rund 270 Milliarden Euro umfassende EU-Agrarpolitik muss noch formell bestätigt werden. In einem nächsten Schritt müssen die EU-Länder ihre nationalen Pläne für die Umsetzung der Reform bei der EU-Kommission einreichen. Für die Jahre 2021 bis 2027 haben die EU-Staaten rund 387 Milliarden Euro zur Unterstützung der Landwirtschaft vorgesehen.

Geeinigt wurde sich darauf, dass künftig ein bestimmter Teil der Agrargelder in sogenannten Ökoregelungen - also Gelder die an Umweltauflagen geknüpft sein sollen - fließen soll. Wie diese konkret aussehen, steht aber noch nicht abschließend fest. Konkret werden es bis zu 25 Prozent der Direktzahlungen, wobei einige Ausnahmen diesen Anteil de facto drücken können. Das Parlament war in diesem Punkt mit einem deutlich größeren Anteil von 30 Prozent in die Verhandlungen gestartet, während die EU-Länder zwischenzeitlich weniger als 20 Prozent durchsetzen wollten. Zudem betonte Lins, es gebe erstmals eine verpflichtende Umverteilung der Direktzahlungen, um gezielt Bäuerinnen und Bauern mit kleineren Höfen zu unterstützen.

Die EU-Kommission hatte bereits 2018 einen Vorschlag über die Reform veröffentlicht. Damals war vorgesehen, dass diese bereits für die Jahre 2021 bis 2027 greifen soll. Da sich die verschiedenen Institutionen aber nicht schnell genug einigen konnten, gilt für 2021 und 2022 eine Übergangsphase und es wird sich - Stand jetzt - frühestens ab 2023 etwas ändern.

Die Agrar-Gelder sind der größte Posten im EU-Budget und die Landwirtschaft ist für einen großen Teil der EU-Treibhausgasemissionen verantwortlich. Jüngst hatte der Europäische Rechnungshof diese mit zehn Prozent beziffert und kritisiert, sie seien seit 2010 nicht gesunken. Die bisherige Geldverteilung wird für das Höfesterben und für Umweltbelastungen durch die Landwirtschaft mitverantwortlich gemacht. Unter anderem wird kritisiert, dass bislang der Löwenanteil der EU-Zahlungen an Flächen der Landwirte gekoppelt ist. Dadurch gehen rund 80 Prozent der Fördermittel an ungefähr 20 Prozent der Betriebe.

Inwieweit die neuen Regelungen effektiv der Natur zugute kommen, muss sich zeigen. Der EU-Rechnungshof hatte kritisiert, dass in den vergangenen Jahren selbst 100 Milliarden Euro aus dem EU-Agrarbudget, die explizit dem Klimaschutz zugute kommen sollten, ihre Wirkung verfehlt hatten. Doch es geht nicht nur um Emissionen, auch die Artenvielfalt sehen Umweltschützer durch den Einsatz von Schädlingsbekämpfern und Monokulturen bedroht.

Naturschützerinnen und Naturschützer kritisieren schon lange, dass die Reform hinter ihren hohen Umweltzielen zurückbleiben wird und sehen sich bestätigt. Die Grünen im Europaparlament haben bereits angekündigt, der nun gefundenen Einigung nicht zuzustimmen. Die Aktivisten von Fridays for Future fordern schon länger, die Reform in seiner jetzigen Form wegen mangelndem Nutzen für die Umwelt zurückzuziehen. Greenpeace hat sie als Greenwashing, also nur an der Oberfläche umweltfreundlich, bezeichnet. Der Deutsche Bauernverband befürchtete vor allem mehr Bürokratie und weniger Geld für Landwirte.

(dpa)
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