Erste Beobachter in Syrien: Fast 100 neue Opfer

Istanbul/Damaskus (dpa) - Die ersten Beobachter der Arabischen Liga sind in Syrien eingetroffen. Dennoch haben die Schergen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad am Donnerstag in den Protesthochburgen wieder Dutzende von Menschen erschossen.

Gegner des Assad-Regimes meldeten, die Armee und die Schabiha-Miliz hätten 31 Menschen getötet. Die meisten Opfer gab es ihren Angaben zufolge in den Provinzen Homs und Idlib.

Die Arabische Liga schickte ein erstes Team von zwölf Diplomaten und Experten nach Damaskus. Aufgabe dieser Gruppe ist es, eine größere Beobachtermission vorzubereiten, die Ende Dezember beginnen soll. Die Beobachter, zu denen auch arabische Militärs gehören, soll die Freilassung von Regimegegnern und den Abzug der Armee aus den Städten überwachen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen starben seit Beginn der Proteste gegen Assad im März bereits über 5000 Menschen.

In Idlib sollen regimetreue Kräfte bereits am Mittwoch 70 Menschen getötet haben. In dem Dorf Flaifel nahe der Stadt Dschabal al-Sawija hätten die Regierungstruppen ein Massengrab ausgehoben, um ihre Opfer zu verscharren, sagte ein Aktivist. Augenzeugen hätten ihm außerdem berichtet, die Armee sei mit Panzern in das Gebiet vorgerückt, nachdem zahlreiche Deserteure dort Zuflucht gesucht hätten. Die Militärs hätte wärmesuchende Lenkwaffen eingesetzt, um Deserteure und Zivilisten zu töten, die aus den Dörfern in die Berge geflüchtet seien.

Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, am Donnerstag habe es neue Gefechte zwischen Deserteuren und regulären Truppen in dem Dorf Chirbet Ghasala gegeben, das zum Bezirk Damaskus-Land gehört. In Maarat Noaman (Provinz Idlib) hätten Deserteure einen Kontrollposten attackiert, nachdem Soldaten dort mehrere Zivilisten angeschossen hätten. Bei dieser Attacke sei ein Soldat getötet worden.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die Sicherheitskräfte hätten in den Provinzen Idlib und Daraa Dutzende „Terroristen“ festgenommen und zahlreiche Mitglieder „terroristischer Banden“ getötet. Ein Syrer, der vor einigen Tagen in die Türkei geflohen war, sagte in einem Telefoninterview, Augenzeugen hätten ihm berichtet, die Armee habe die Bewohner der Ortschaft Ort Kafr Owaid (Provinz Idlib) aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Wer sich auf der Straße blicken lasse, werde erschossen. Alle Apotheken und das einzige Krankenhaus der Region seien zerstört. Ein Feldlazarett der Regimegegner sei beschossen worden.

Ein führendes Mitglied der Armee der syrischen Deserteure sagte der Zeitung „Al-Sharq Al-Awsat“ (Donnerstagausgabe): „Sie versuchen, die Frist auszunutzen, die ihnen die Arabische Liga gegeben hat, um den Widerstand der Freien Syrischen Armee und der Demonstranten zu brechen, damit sie während der Anwesenheit der Beobachter, die in etwa zehn Tagen ankommen werden, nicht mehr so sichtbar sind.“

Ein bekannter Oppositioneller, der am Mittwoch am Flughafen Damaskus festgenommen worden war, kam am Donnerstag wieder frei. Aktivisten berichteten, Abdulasis Al-Chair sei jedoch der Pass abgenommen worden, so dass er nicht reisen könne. Er habe nach Kairo fliegen wollen, um dort den Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, zu treffen.

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