Die Kennedys — das Ende einer Ära in Washington

Zum ersten Mal seit 64 Jahren sitzt kein Mitglied des großen Clans mehr in Senat oder Repräsentantenhaus.

Washington. In den USA bedeutet das neue Jahr zugleich das Ende einer politischen Ära: Zum ersten Mal seit 64 Jahren wird der legendäre Kennedy-Clan in Washington durch Abwesenheit glänzen. Viele Demokraten sehen darin das Ende jenes sozialstaatlichen Liberalismus, für den die Sprösslinge des Patriarchen Joseph P. Kennedy immer gekämpft haben. Andere glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der nächste Kronprinz nachrückt und die Herzen der Amerikaner erobert.

Von John F. Kennedy über dessen jüngeren Bruder Robert bis hin zum langjährigen Senator Ted (Edward) Kennedy, der 2009 an einem Gehirntumor starb, umspannten sie mehrere Wählergenerationen.

Den Grundstein für den Mythos legte Josephs zweiter Sohn John F. Kennedy, der 1947 ins Repräsentantenhaus einzog und 1960 zum ersten katholischen Präsidenten in der US-Geschichte gewählt wurde. Nun aber sitzt nach den Kongresswahlen 2010 und der Entscheidung des 43-jährigen Patrick Kennedy, ein Sohn von Edward Kennedy, auf eine weitere Amtsperiode im Repräsentantenhaus zu verzichten, kein Kennedy mehr im Weißen Haus oder auf dem Kapitolshügel.

Die Kennedys verband neben dem Einsatz für Bürgerrechte und soziale Gerechtigkeit ihr Charisma sowie das Flair einer skandalumwitterten Familie. Während JFK’s angebliche Affäre mit der Schauspielerin Marilyn Monroe seinen Ruf als Frauenheld zementierte, musste Ted 20 Jahre später seine Chancen auf die Präsidentschaft begraben, als er im betrunkenen Zustand mit seinem Sportwagen von einer Brücke in einen Fluss stürzte und seine Begleiterin in dem Auto ertrank. Der Senator meldete den Unfall zunächst nicht bei der Polizei.

Begleitet wurde die Familie auch vom sogenannten Kennedy-Fluch: Innerhalb weniger Jahre wurden John F. und Robert, die in jungen Jahren ihren ältesten Bruder verloren hatten, ermordet. Bei vier Flugzeugabstürzen starben Mitglieder des Clans.

Während der langjährige Abgeordnete Edward Markey überzeugt ist, dass jüngere Kennedys nachrücken werden, vermuten politische Experten das Ende einer Ära. „Wen interessiert’s noch?“ fragt der Kennedy-Biograph Laurence Leamer. „Gerade jüngere Wähler können mit der Legende nichts mehr anfangen.“

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