De Maizière nach Anschlagsserie in Afghanistan

Masar-i-Scharif/Berlin (dpa) - Zwei Wochen nach einer beispiellosen Anschlagsserie gegen die Bundeswehr hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière den Soldaten in Afghanistan mit einem Überraschungsbesuch den Rücken gestärkt.

Im Hauptquartier in Masar-i-Scharif und in Kundus ließ er sich über die Operationsplanung unterrichten und warb bei den Soldaten für seine Reformpläne. Er wolle sich ein „ungeschminktes Bild“ der Lage machen, sagte der CDU-Politiker nach Ministeriumsangaben.

Es war der zweite Truppenbesuch de Maizières seit seinem Amtsantritt Anfang März. In Kundus sprach er auch mit Spezialkräften der Task Force 47, die für die Aufklärung und Terrorbekämpfung eingesetzt werden.

Die Bundeswehr hatte Ende Mai und Anfang Juni drei Anschläge innerhalb von neun Tagen zu verkraften. Dabei wurden vier Bundeswehrsoldaten getötet und zwölf verletzt, darunter der Kommandeur der Bundeswehr in Afghanistan, Generalmajor Markus Kneip. De Maizière hatte bei der Trauerfeier für die Gefallenen einen Strategiewechsel ausgeschlossen. „Terroristen dürfen nie das letzte Wort haben“, sagte er.

De Maizière hatte die Soldaten in Afghanistan erstmals Ende März besucht. Er hatte sich damals vorgenommen, etwa alle drei Monate an den Hindukusch zurückzukehren. Im Gegensatz zu seiner ersten Visite verzichtete er diesmal bei seiner eintägigen Reise auf eine Medienbegleitung. „Ich bin heute hierhergekommen, ohne Begleitung, ohne Presse, um ein ungeschminktes Bild von der Lage zu erhalten“, sagte der Minister.

De Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg war von der Opposition vorgeworfen worden, seine Afghanistanbesuche medienwirksam zu inszenieren. Im vergangenen Dezember sorgte der CSU-Politiker für einen Sturm der Entrüstung, als er mit seiner Frau Stefanie und einem Team des Star-Moderators Johannes B. Kerner nach Afghanistan reiste. Bei den Soldaten kamen die Afghanistanvisiten Guttenbergs aber stets gut an.

In Masar-i-Scharif und in Kundus gedachte de Maizière zunächst der Gefallenen und nahm sich dann viel Zeit für Gespräche mit den Soldaten - auch um über seine Reformpläne zu informieren. „Ich bitte Sie, bei der Neuausrichtung aktiv mitzumachen - und zwar nicht, weil Sie müssen, sondern weil Sie wollen“, sagte er in einer Ansprache. „Wichtig bei der Neuausrichtung der Bundeswehr ist, dass wir Mentalitäten und Denkweisen positiv ändern.“

De Maizière hatte sein Reformkonzept Mitte Mai vorgestellt. Danach soll die Bundeswehr von 220 000 auf 175 000 bis 185 000 Soldaten verkleinert werden. Gleichzeitig sollen aber 10 000 statt bisher 7000 Soldaten für Auslandseinsätze bereitgehalten werden.

Vor seinem Abflug nach Afghanistan besuchte de Maizière die verwundeten Soldaten im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz. Der in Talokan verletzte Generalmajor Kneip wurde am Freitag aus der Klinik entlassen. Wann er wieder in den Einsatz zurückkehren wird, ist noch unklar. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, die Genesung werde „noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen“.

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