Brexit : Stochern im Londoner Nebel
Berlin Kritik im Bundestag am Brexit-Chaos in London: Die Kanzlerin plädiert als Konsequenz für noch mehr Europa.
Manche Menschen halten ja ein knalliges Rot für eine Waffe, für ein unmissverständliches Statement. Angela Merkel trägt gerne Rot, wenn sie zum Beispiel auf schwierige Staatenlenker trifft; oder sie in knifflige Verhandlungen und Debatten geht. Wie jetzt in Brüssel und in Berlin im Deutschen Bundestag.
Experten sagen, wer sich der Farbe Rot bediene, habe viel Energie und gehe dynamisch und umsichtig an die Dinge heran. Das alles muss die Bundeskanzlerin in diesen Tagen tatsächlich leisten, wo doch nach jetzigem Stand ein ungeordneter Brexit droht, selbst wenn das Austrittsdatum noch einmal auf Ende Juni verschoben wird. Eigentlich wollten die Briten am 29. März aus der EU austreten. Doch da das Parlament in London bisher keinem Austrittsvertrag zugestimmt und sich gleichzeitig gegen einen „No-Deal-Brexit“ ausgesprochen hat, ist nun von der britischen Premierministerin Theresa May die Verschiebung beantragt worden.
Das ist die komplizierte Gemengelage, die seit Wochen in Brüssel, in Berlin und anderswo in Europa für Ärger, vor allem Ratlosigkeit sorgt. Auch im Bundestag war das am Donnerstag zu spüren. Die Debatte glich sozusagen dem Stochern im Londoner Nebel, weil keiner weiß, wie es genau weitergeht. Auch die Kanzlerin in ihrem dynamischen Rot nicht. Sie machte in ihrer Regierungserklärung zwar deutlich, dass man dem Wunsch nach einer Verschiebung wohl entsprechen werde. Doch das vorgeschlagene Datum sei heikel – es müsse auf die Europawahl Ende Mai geachtet werden. „Aber über eine kurze Verlängerung kann man dann sicherlich positiv reden.“