Faktencheck Ist die Kritik an Bill Gates berechtigt?

Köln/Paris · Microsoft-Gründer Bill Gates musste in der Corona-Krise viel Kritik einstecken. Doch sind die Vorwürfe gegen ihn berechtigt? Ein Faktencheck.

 Bill Gates ist Vorsitzender der Bill & Melinda Gates Foundation (Archivfoto)

Bill Gates ist Vorsitzender der Bill & Melinda Gates Foundation (Archivfoto)

Foto: dpa/Gian Ehrenzeller

In der Coronavirus-Pandemie ist Microsoft-Gründer Bill Gates für viele zum Buhmann geworden. Neben kruden Thesen gibt es zwar auch begründete Kritik an den Gesundheitsprogrammen seiner Stiftung und deren Einfluss. Doch die aktuellen Attacken gegen Gates und seine Stiftung etwa bei Corona-Demos oder im Internet sind in der Regel völlig haltlos. Ein Faktencheck:

Hat Gates das Coronavirus "geschaffen"?

In Internet-Videos und zum Teil auch auf den sogenannten Hygiene-Demonstrationen wird zum Teil behauptet, Gates habe ein "Patent" auf das Coronavirus angemeldet, von dem er nun profitiere. Tatsächlich gibt es bei einem von der Gates-Stiftung unterstützten Institut ein Patent unter der Bezeichnung Coronavirus. Dabei handelt es sich allerdings um einen tierischen Erreger aus der großen Gruppe der Coronaviren, und nicht um das aktuelle Virus Sars-CoV-2.

Hat Gates die WHO "gekauft"?

Einige werfen der Stiftung von Bill Gates und seiner Frau Melinda vor, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen zu "kontrollieren". Tatsächlich war die Stiftung zuletzt vor der Impfstoffallianz GAVI der größte private Beitragszahler der WHO und nach den USA der zweitgrößte Beitragszahler überhaupt.

Im Zeitraum 2018 bis 2019 beliefen sich die Zahlungen der Gates-Stiftung laut WHO auf insgesamt rund 367 Millionen Dollar (rund 340 Millionen Euro). Das war deutlich mehr als etwa der Beitrag Deutschlands von gut 214 Millionen Dollar.

Andere kritisieren allerdings, dass die Staaten ihrerseits zu wenig an die WHO zahlen. Die USA etwa haben ihre Zahlungen an die UN-Organisation zuletzt ganz gestoppt. Präsident Donald Trump begründet dies mit "Missmanagement" sowie Einseitigkeit der Organisation zugunsten Chinas, wo das neuartige Coronavirus erstmals beim Menschen festgestellt worden war.

Plant die Gates-Stiftung in der Corona-Krise eine "Zwangsimpfung" für alle?

Dafür gibt es keine Belege. Zwar rief die Stiftung die Weltgemeinschaft Mitte April dazu auf, die Mittel für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs für die Weltbevölkerung bereitzustellen. Die Gates-Stiftung selbst hat dafür 150 Millionen Dollar zugesagt.

Experten rechnen aber frühestens im kommenden Jahr mit einem solchen Mittel. Über eine Impfpflicht ist in Deutschland und anderen Ländern noch überhaupt nicht entschieden. Das dürfte unter anderem vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängen.

Will Gates die Weltbevölkerung "reduzieren"?

Das behaupten derzeit viele, die gegen Gates protestieren. Als angeblicher Beweis wurde in Online-Netzwerken massenhaft ein Foto eines "Center for Global Human Population Reduction" (Zentrum für weltweite Bevölkerungsreduzierung) geteilt, das zur Gates-Stiftung gehören soll. Wie ein Faktencheck der Nachrichtenagentur AFP ergab, ist das Bild jedoch manipuliert; der Titel wurde nachträglich in die Aufnahme des Stiftungs-Gebäudes in Seattle hineinmontiert.

Die Behauptung zur Bevölkerungs-Reduzierung basiert auf einem Gates-Zitat von 2010, wonach die Zahl der Geburten mit Hilfe neuer Impfstoffe sowie Familienplanung um "zehn bis 15 Prozent" gesenkt werden könnte. Die Stiftung hat dazu erklärt, dass sie wie auch Entwicklungshilfe-Organisationen gegen die Überbevölkerung kämpft. Aus Sicht der Stiftung tragen Impfstoffe dazu bei, weil Menschen bei einem längeren Leben weniger Kinder bekommen, die für ihren Lebensunterhalt sorgen sollen.

Steckt die Gates-Stiftung mit der Pharmalobby unter einem Hut?

Die Stiftung arbeitet nach eigenen Angaben mit internationalen Pharmaunternehmen wie Pfizer, Sanofi oder dem deutschen Bayer-Konzern zusammen, sowie mit dem Tübinger Biotechunternehmen CureVac, das an einem Corona-Impfstoff forscht.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attack wirft der Gates-Stiftung vor, dass Pharmafirmen viel an der Strategie der Impfprävention verdienten; dabei blende die Stiftung "alle sozialen Komponenten für Gesundheit (wie Wohnbedingungen, Armut, Krieg, usw.) aus". "Die Gates-Stiftung betreibt damit allerdings nicht per se eine verbrecherische Politik, sondern folgt einem falschen, zu kritisierenden Ansatz", betont Attack.

(AFP)
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