Berlin erwägt Libyen-Hilfseinsatz

Berlin/Bengasi (dpa) - Deutschland ist bereit für einen Einsatz der Bundeswehr bei einer humanitären Libyen-Mission. Im Falle einer UN-Anfrage soll sich die Bundeswehr an der militärischen Absicherung von Hilfsaktionen für die libysche Bevölkerung beteiligen.

Es geht auch um die medizinische Versorgung.

In dem Bürgerkriegsland ringen Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi und Rebellen verbissen um Geländegewinne. Nato-Jets griffen versehentlich Aufständische an, mehrere starben.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte am Donnerstag in Berlin die Bereitschaft Deutschlands, sich an einer humanitären Libyen-Mission der Europäischen Union zu beteiligen. Wenn es eine entsprechende Anfrage der Vereinten Nationen geben sollte, „dann werden wir uns unserer Verantwortung natürlich nicht entziehen“, sagte er dem Fernsehsender N24. Dabei würde es um medizinische Versorgung und die Sicherung von Flüchtlingstransporten gehen.

Über eine Beteiligung der Bundeswehr an einer solchen Mission müsste der Bundestag entscheiden. Bei Kampfeinsätzen in und um Libyen will sich Deutschland, das sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über die Libyen-Resolution enthalten hatte, weiterhin nicht mitmachen. Die EU-Außenminister hatten sich bereits am 21. März darauf verständigt, bei einer UN-Anfrage eine humanitäre Militäraktion zu starten.

Dafür brachte die Bundesregierung die Krisenreaktionskräfte der EU ins Gespräch. Die Bundeswehr ist an einer der beiden sogenannten EU-Battlegroups derzeit mit 990 Soldaten beteiligt. Es handelt sich um Sanitäter, Feldjäger, Aufklärungs- und Pionierkräfte sowie Personal zur Führungsunterstützung, die aber nicht unbedingt alle zum Einsatz kommen würden.

„Deutschland steht einem entsprechenden, auch robusten humanitären Hilfseinsatz mit Kräften aus der EU-Battlegroup positiv gegenüber“, hieß es aus Regierungskreisen. Der Einsatz deutscher Schiffe ist dagegen bisher noch nicht fest geplant.

In Libyen bombardierten am Donnerstag Nato-Kampfflugzeuge versehentlich einen Fahrzeugkonvoi der Anti-Gaddafi-Milizen und töteten dabei mehr als zehn Aufständische. Nach Angaben von Rebellen fuhr der Konvoi zwischen Adschdabija und Al-Brega unerlaubt in eine Sperrzone und wurde von Nato-Flugzeugen unter Beschuss genommen. Die Nato will die Berichte prüfen. „Aber es ist schwer zu klären, weil wir keine eigenen Leute am Boden haben“, sagte ein Nato-Sprecher in Brüssel.

In der Nacht zum Donnerstag hatten die Milizen der Gaddafi-Gegner auf dem Weg nach Al-Brega wieder Boden gutgemacht, nachdem sie 24 Stunden zuvor von Gaddafis an Waffen und Soldaten überlegenen Truppen vollständig aus dem Ölhafen am Mittelmeer verdrängt worden waren. Nach dem versehentlichen Luftangriff auf den eigenen Waffennachschub mussten sie ihre Operationen zur Einnahme Al-Bregas vorerst abbrechen.

Bereits am vergangenen Freitag waren 13 Aufständische ums Leben gekommen, nachdem sie mit einem Luftabwehrgeschütz aus Freude über die herannahenden Nato-Flugzeuge in die Luft geschossen hatten. Die Piloten hielten sie für Angreifer und beschossen sie. Die tragischen Zwischenfälle verweisen auf die enormen Schwierigkeiten der Gaddafi-Gegner, ihr militärisches Vorgehen mit dem nordatlantischen Bündnis abzustimmen.

Gaddafis Artillerie beschoss zwei Ölfelder im Osten Libyens, die von den Regimegegnern kontrolliert und genutzt werden. Die Produktion der Ölfelder Misla und Waha-Oase habe daraufhin eingestellt werden müssen, zitierte der Fernsehsender Al-Dschasira einen Sprecher der Aufständischen.

Vier ausländische Journalisten wurden im Osten Libyens von Gaddafi-Truppen gefangen genommen, wie ein Mitarbeiter der Fotoagentur epa in Bengasi berichtete. Über das weitere Schicksal der Reporter aus den USA, Südafrika und Spanien war zunächst nichts bekannt.

Südafrika kritisierte erneut die Nato-Angriffe und plädierte für eine Verhandlungslösung in Libyen. „Keine Situation ist unlösbar“, sagte Verteidigungsministerin Lindiwe Sisulu in Johannesburg.

Derweil setzte sich ein ehemaliger Minister des Gaddafi-Regimes nach Malta ab. Der Ex-Energieminister Omar Fathi bin Schatwan traf bereits in der Vorwoche an Bord eines Flüchtlingsbootes aus der von Gaddafi-Truppen belagerten Stadt Misurata ein, wie ein Sprecher des maltesischen Außenministeriums in Valletta bestätigte.

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