Barack Obama: Erschöpft, aber kampfbereit

Es ist eine schwere Woche für Barack Obama. Eine Krise jagt die nächste. Aber er gibt nicht auf.

Washington. Es ist eine sehr schwere Woche für Barack Obama, und man sieht es ihm an. Terroranschlag in Boston, Gift-Briefe an ihn und einen Senator, eine überaus bittere Niederlage im Kampf um ein schärferes Waffenrecht und dann noch die Fabrikexplosion in Texas — für den US-Präsidenten kommt eine Hiobsbotschaft nach der nächsten.

Erst vor vier Monaten erschoss ein Amokläufer in Newtown 20 Schulkinder und sechs Erwachsene, damals sprach Obama vom bisher schlimmsten Tag seiner Amtszeit. Und nun muss er wieder Trauerreden halten, trösten und zugleich Mut machen — ein Präsident als Krisenmanager gleich an mehreren Fronten.

Angesichts dieser Herausforderung wundert es wenig, dass Obama in diesen Tagen um Jahre gealtert scheint. Müde, erschöpft und sogar etwas zerfurcht sah er aus, als er am Mittwochabend (Ortszeit) auf das Scheitern seines Vorstoßes für striktere Waffenregeln reagierte.

Aber bei aller Enttäuschung zeigte er sich nicht als geschlagener Mann. Der Frust entlud sich in ungewöhnlich zornigen Vorwürfen an Senatoren und die Waffenlobby, die seine Initiative zunichtegemacht hatten. „Ein beschämender Tag für Washington“, sagte er, warf den Neinsagern vor, aus Angst um ihre Wiederwahl gekuscht zu haben. Zugleich kündigte an: „Dies ist nur die erste Runde.“

Auch zum Gedenkgottesdienst in Boston kam Obama am Donnerstag mit der Botschaft, sich von Rückschlägen und Tragödien nicht unterkriegen zu lassen. Schon im Vorfeld hatte er gesagt, die Amerikaner ließen sich nicht terrorisieren, die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen, „wir werden sie finden“, kündigte er an. Und man glaubt es ihm. Denn ihm wird bescheinigt, dass er im Kampf gegen Terroristen erfolgreich ist und nicht lange fackelt, wenn es um Terrorbedrohungen geht.

Dass er beides kann, Anteilnahme zeigen, aber zugleich auch Kampfbereitschaft, das hat Obama zuletzt nach dem Schulmassaker von Newtown gezeigt. Starke Emotionen zeigte er, Tränen sogar, reagierte als Vater. Zugleich startete er seine Kampagne für Beschränkungen bei Waffenkäufen, zog dabei alle Register.

Er scheiterte dennoch, aber nicht wegen mangelndem Kampfeswillen. Er habe darauf gebaut, dass das Entsetzen lange genug im Bewusstsein der Kongresspolitiker wach bleibe, kommentierten am Donnerstag Medien. Das sei eine Fehleinschätzung gewesen, so funktioniere Washington nicht.

Und das scheint eine Art Markenzeichen von Obamas Präsidentschaft zu sein: viel guter Wille, und dann kommt die Ernüchterung. So war es etwa bei dem umstrittenen Gefangenenlager Guantánamo, das er nicht schließen konnte. Wie Obama aus der gegenwärtigen Krisenserie herauskommt, wird zum großen Teil davon abhängen, ob nach dem Anschlag von Boston — wie im Fall der Giftbriefe — ein rascher Fahndungserfolg gelingt.

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