Atom-Referendum in Bulgarien nach Prognosen gescheitert

Sofia (dpa) - Das erste demokratische Referendum in Bulgarien über den Bau eines neuen Atomkraftwerks ist nach Prognosen an einer geringen Beteiligung gescheitert.

Zwei Nachwahl-Befragungen ergaben am Sonntag eine Beteiligung von nur knapp über 20 Prozent. Damit wurde die für ein bindendes Ergebnis vorgeschriebene 60-Prozent-Hürde klar verfehlt.

Bei dieser offiziell noch nicht bestätigten Wahlbeteiligung knapp über der zusätzlich festgelegten Marke von 20 Prozent müsste das Parlament binnen drei Monaten über den AKW-Bau entscheiden. Es handelt sich um ein Projekt mit Russland für ein Atomkraftwerk bei Belene an der Donau. Der deutsche Energiekonzern RWE war Ende 2009 wegen der unklaren Finanzierung aus dem Projekt ausgestiegen.

Die bürgerliche Regierung in Sofia hatte das Projekt 2012 beim russischen Lieferenten Atomstroiexport storniert - der Endpreis von mehr als 10 Milliarden Euro war für das ärmste EU-Land untragbar hoch. Die Regierung möchte stattdessen das alte AKW Kosloduj mit zwei 1000-Megawatt-Reaktoren aus kommunistischer Zeit ausbauen lassen.

Von den Teilnehmern des Referendums stimmten laut den Prognosen bis zu gut 62 Prozent für ein neues Atomkraftwerk bei Belene und knapp 38 Prozent dagegen. „Nach dieser Abstimmung können wir sagen, dass die Entscheidung zum Stopp des Belene-Projekts ungültig ist“, erklärte der sozialistische Ex-Präsident Georgi Parwanow. Während seiner Amtszeit war das Vorhaben mit den Russen vereinbart worden.

Trotz der niedrigen Wahlbeteiligung feierten die oppositionellen Sozialisten das Referendum als Etappensieg. Sie hatten das Belene-Projekt eingeleitet und setzten die Volksabstimmung darüber durch. Die Sozialisten unterstützen Belene mit Versprechungen, dass es die heimische Wirtschaft beleben würde. „Die Institutionen müssen wieder über das Thema (Belene) entscheiden“, sagte Sozialisten-Chef Sergej Stanischew. Das Ergebnis sei eine „persönliche Niederlage und ein Misstrauensvotum“ gegen Regierungschef Boiko Borissow.

Die Regierung sieht das anders: „Das Referendum war nicht für oder gegen Boiko Borissow“, erklärte Innenminister Zwetan Zwetanow (GERB). 79 Prozent der Wähler, die daran nicht teilgenommen haben, hätten eigentlich mit Nein gestimmt. Zwetanow machte die Sozialisten dafür verantwortlich, dass 20 Millionen Lewa (rund 10 Mio Euro) aus der Staatskasse für das Referendum vergeudet worden seien. Die Sozialisten hätten die Volksbefragung als „Generalprobe für die Parlamentswahlen“ im Juli missbraucht, kritisierte er.

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