Assange feiert seine Haftentlassung

Wikileaks-Gründer zieht aufs Schloss und muss Fußfesseln tragen.

London. Hausarrest deluxe für Julian Assange: Der Wikileaks-Gründer zieht von seiner Gefängniszelle in ein Landschlösschen, nachdem ihm gestern gegen Kaution Haftverschonung gewährt wurde. Das Auslieferungsersuchen der schwedischen Justiz wegen angeblicher Sexualdelikte ist damit allerdings noch nicht vom Tisch.

„Auf Gerechtigkeit kann man nicht immer hoffen, aber sie ist auch noch nicht tot“, sagte Assange gestern Abend in einer kurzen Ansprache vor dem Gerichtsgebäude in der britischen Hauptstadt. Es sei schön, wieder die „frische Luft Londons“ atmen zu können. „Während meiner Einzelhaft hatte ich Zeit, an die Menschen auf der Welt zu denken, die unter gleichen Bedingungen ihr Dasein fristen“, fügte er unter Jubel hinzu. „Nicht alle haben so viel Unterstützung wie ich. Vergesst sie nicht.“

Im Hausarrest in Ellingham Hall im ostenglischen Suffolk dürfte der Australier sich nun gut von seiner Zeit in der Zelle erholen — das Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert ist von Parks umgeben und gehört Vaughan Smith, einem Ex-Offizier und Kriegsberichterstatter. Der Spross einer Landadelsfamilie wird mindestens bis zum 11. Januar 2011, wenn das Gericht weiter über eine Auslieferung nach Schweden tagt, Gastgeber für den Wikileaks-Chef sein. Er freue sich auf „ein ungewöhnliches Weihnachtsfest“, kommentierte Smith die Freilassung seines neuen Mitbewohners.

Mit der Entscheidung, an Assanges Haftverschonung festzuhalten, setzte Richter Duncan Ouseley sich über einen Einspruch Schwedens hinweg. Nach einer Woche voller juristischer Kapriolen drohte die Freilassung auch gestern abermals zu scheitern — diesmal an Bürokratiehürden. Die Kaution über 200 000 Pfund (rund 150 000 Euro) musste bei Gericht in bar hinterlegt werden — kein einfaches Unterfangen in einem Land, in dem große Summen immer noch mit Schecks transferiert werden und es keine Banknoten über 50 Pfund gibt.

Dass zumindest diese Hürde in Windeseile genommen wurde, verdankt der 39-Jährige einer ganzen Riege prominenter Freunde. Menschenrechtsaktivistin Bianca Jagger, Ex-Frau von Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger, griff Assange unter die Arme, ebenso der amerikanische Doku-Filmemacher Michael Moore („Bowling for Columbine“). Schönste Vertreterin des illustren und wohlhabenden Assange-Fanclubs ist Milliardärstochter Jemima Khan, Ex-Freundin von Hugh Grant.

Assange darf Ellingham Hall mit Ausnahme täglicher Besuche bei der Landpolizei in Beccles nicht verlassen. Zeitungen und E-Mails sind ihm untersagt; er wird auch eine elektronische Fußfessel tragen müssen.

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