Angela Merkels Besuch in Kiew — eine äußerst heikle Mission

Jetzt will sich auch die deutsche Kanzlerin unmittelbar vor Ort ein Bild machen und ein Zeichen der Solidarität setzen.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich einige Tage Zeit genommen, um über die Einladung nachzudenken. Am Montagabend telefonierte sie mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, um ihm mitzuteilen: Ja, ich komme am Samstag nach Kiew.

Es ist ihre erste Reise in die Ukraine seit Beginn der Krise vor acht Monaten — und sie ist nicht ohne Brisanz. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat gerade eine neue Initiative gestartet, um als Mittler Wege zu einem Waffenstillstand in der Ostukraine auszuloten, die zwischen Regierungstruppen und Separatisten umkämpft ist.

Die Reise der Kanzlerin soll nicht in erster Linie eine Vermittlungsmission sein — sondern ein Zeichen der Solidarität mit Poroschenko, dessen Wahl in Berlin als sehr wichtig angesehen wird. Es solle in Kiew natürlich um das angespannte Verhältnis zu Russland gehen, aber auch um „konkrete Möglichkeiten, die Ukraine in der aktuellen Krise zu unterstützen“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern.

Der Zeitpunkt der Reise ist ebenfalls symbolträchtig. Sie findet einen Tag vor dem ukrainischen Unabhängigkeitstag statt, den die Regierung in Kiew mit einer großen Militärparade feiern will. Am 24. August vor 23 Jahren verabschiedete das ukrainische Parlament die Erklärung zur Abspaltung von der Sowjetunion.

Von Moskau könnte diese Unterstützung auch als Provokation inmitten der Vermittlungsbemühungen gewertet werden. Merkel dürfte das angesichts der Auftritte von Präsident Putin auf der Krim egal sein. Die ukrainische Halbinsel war im März von Russland annektiert worden. Zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland, den Russland am 9. Mai begeht, hatte Putin im russischen Marinehafen Sewastopol an einer Militärparade teilgenommen. Vor wenigen Tagen war er ein zweites Mal dort.

Merkels Besuch findet auch kurz vor dem Nato-Gipfel am 4. und 5. September statt, bei dem die Reaktion des westlichen Bündnisses auf die Ukraine-Krise im Vordergrund stehen wird. Bereits bei ihrem Besuch am Montag in Lettland war eine stärkere Präsenz ein Hauptthema.

Vielleicht kann Merkel in der Ukraine aber doch auch Anstöße geben, um die Vermittlungsbemühungen voranzubringen. Gut möglich, dass sie vor ihrer Reise mit Putin telefoniert wie schon so oft seit Wochen.

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