Prozess gegen Journalisten Angeklagte türkische Journalisten geben sich kämpferisch

"Cumhuriyet"-Chef Dündar rechnet mit Freispruch. Der Prozess ist auf den 22. April vertagt.

Prozess gegen Journalisten: Angeklagte türkische Journalisten geben sich kämpferisch
Foto: dpa

Istanbul (AFP) - Die beiden der Spionage angeklagten türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül haben sich bei der Fortsetzung ihres Prozesses kämpferisch gezeigt. "Wir werden gewinnen, wir haben in der Vergangenheit immer gewonnen", sagte der "Cumhuriyet"-Chefredakteur Dündar am Freitag vor Beginn der Sitzung in Istanbul umringt von zahlreichen Unterstützern. Der Prozess wurde später auf den 22. April vertagt.

"Wir glauben, dass die Gesetze uns Recht geben werden und dass wir freigesprochen werden", sagte Dündar vor Beginn des zweiten Verhandlungstages. "Dieser Prozess sollte gar nicht stattfinden, denn Journalismus ist kein Verbrechen", sagte Gül, der das Hauptstadtbüro der regierungskritischen Zeitung leitet. Vor dem Gericht versammelten sich zahlreiche Unterstützer, darunter auch Abgeordnete der Opposition.

"Die Pressefreiheit kann nicht zum Schweigen gebracht werden", riefen die Demonstranten. Der Prozess selbst fand hinter verschlossenen Türen statt. Das Gericht hatte bei der ersten Sitzung am 25. März beschlossen, aus Gründen der "nationalen Sicherheit" unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu tagen. Zudem ließ das Gericht Präsident Recep Tayyip Erdogan und den Geheimdienst MIT als Nebenkläger zu.


Dündar und Gül müssen sich wegen der Veröffentlichung im Mai 2014 eines Artikels über Waffenlieferungen des MIT an Islamisten in Syrien wegen Spionage und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Erdogan hatte persönlich Strafanzeige gestellt und versprochen, dass die Verantwortlichen "einen hohen Preis" zahlen würden für die Veröffentlichung der Informationen.


Mit Blick auf Erdogan und die Regierung sagte Dündar am Freitag vor Beginn der Verhandlung: "Es gibt einen Fehler: Wir müssten heute auf Seiten jener sein, die die Fragen stellen. Sie sollten auf der Anklagebank sitzen". Nach der Sitzung schrieb Dündar im Kurzbotschaftendienst Twitter: "Wir haben den Journalismus verteidigt und der Journalismus hat gewonnen."


Medienberichten zufolge ordnete das Gericht nicht an, die Journalisten erneut in Haft zu nehmen. Beobachter werteten dies als gutes Zeichen. Die Richter beschlossen jedoch, ihr Ausreiseverbot zu verlängern. Der Prozess wurde auf den 22. April vertagt.


Der Prozess hatte in den vergangenen Tagen nicht nur für scharfe Kritik im In- und Ausland, sondern auch für diplomatische Verwicklungen gesorgt. Erdogan hatte wütend auf die Anwesenheit ausländischer Diplomaten beim Prozessauftakt reagiert, unter ihnen war auch der deutsche Botschafter Martin Erdmann. "Dies ist nicht Ihr Land, dies ist die Türkei", empörte sich Erdogan in einer Rede.


Laut Diplomaten legte die Regierung offiziell bei den beteiligten Botschaften Protest ein, Erdmann wurde ins Außenministerium einbestellt. Die Regierung ist besonders über Veröffentlichungen auf Twitter erbost, wo der britische Generalkonsul ein Selfie mit Dündar postete. Die Botschaften betonten aber, die Teilnahme von Diplomaten als Beobachter an Prozessen sei gängige Praxis.


Kritiker werfen der Regierung seit Jahren die Verfolgung kritischer Medien vor. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Dündar und Gül waren Ende Februar nach drei Monaten in Untersuchungshaft auf Anordnung des Verfassungsgerichts vorläufig freigekommen. Dutzende weitere Journalisten sind in der Türkei inhaftiert.

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