Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff rückt näher

Brasília (dpa) - Das Amtsenthebungsverfahren gegen Brasiliens Staatschefin Dilma Rousseff rückt näher: Der Berichterstatter der entsprechenden Sonderkommission des Abgeordnetenhauses, Jovair Arantes, hat sich am Mittwoch für die Annahme des Impeachment-Antrages ausgesprochen.

Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff rückt näher
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Rousseff wird beschuldigt, die wahre Höhe des Haushaltsdefizits verschleiert zu haben. Im Hintergrund stehen die schweren Korruptionsvorwürfe um den staatlich kontrollierten Erdölkonzern Petrobras.

Alle juristischen und politischen Bedingungen für die Zulässigkeit des Antrags seien erfüllt worden, befand Arantes auf einer Sitzung der Kommission. „Die Größe und der Umfang der von der Präsidentin begangenen Verletzungen bilden einen ernsthaften Missbrauch ihrer Amtspflichten“, erklärte der Berichterstatter.

Der Minister im Präsidialamt Ricardo Berzoini kritisierte am Mittwochabend (Ortszeit) das Gutachten. Arantes habe den Fall politisch ausgelegt, anstatt eine juristische Analyse der Beschuldigungen vorzunehmen. Es gebe keine Elemente, die ein Impeachment rechtfertigten. Berzoini erklärte, er erwarte, dass die Abgeordnetenkammer die Justiz walten lasse und den Antrag ablehnen werde.

Die 65 Parlamentarier der Sonderkommission sollen am kommenden Montag über das Gutachten ihres Vorsitzenden abstimmen. Im Fall einer Annahme entscheidet das Plenum der Abgeordneten am 17. April, ob der Verfahrensantrag an den Senat weitergeleitet werden soll. Hierzu ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.

In der oberen Kammer muss auch erst eine Kommission und dann das Plenum die Aufnahme des Impeachmentverfahrens bestätigen, allerdings in diesem Fall mit einfacher Mehrheit. Dann wäre Rousseff für 180 Tage suspendiert. Ihr Amt müsste von Vizepräsident Michel Temer von der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) übernommen werden, der trotz des Koalitionsbruchs seiner Partei nicht zurückgetreten ist.

Der Senat müsste dann im Laufe der nächsten Monate die juristische Stichhaltigkeit der Vorwürfe gegen Rousseff prüfen und in einer Abstimmung ein endgültiges Urteil fällen. Für die Absetzung der Präsidentin sind zwei Drittel der Stimmen im Senat erforderlich. Interimspräsident Temer würde dann das Amt bis Ende 2018 ausüben.

Auslöser der Krise ist der riesige Korruptionsskandal bei Auftragsvergaben von Petrobras, dessen Aufsichtsratsvorsitzende Rousseff von 2003 bis 2010 war. Hinzu kommt eine schwere Rezession. Die Präsidentin versuchte einen Gegenschlag mit der Nominierung des Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva als Kabinettschef. Ein Bundesrichter untersagte dies, in der Annahme, Lula suche mit seiner Ernennung einen Schutz vor einer möglichen Untersuchungshaft wegen die auch gegen ihn laufenden Ermittlungen im Korruptionsskandal.

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