Ägyptens Ultras - Fußball und Gewalt

Kairo (dpa) - 21 Todesurteile: Ägyptens Justiz geht gnadenlos gegen „Fans“ vor, die für den Tod von 74 Menschen 2012 bei Fußballkrawallen verantwortlich sein sollen.

Sie handelt sich damit den Vorwurf politischer Urteile ein - zumal Kairoer „Ultras“ bei der Erhebung gegen das Mubarak-Regime eine wichtige Rolle gespielt haben.

Fans des Kairoer Traditionsclubs Al-Ahli galten als Speerspitze der Revolution gegen den Langzeitpräsidenten Husni Mubarak. Die Ultras stellten sich der Polizei und Schlägerbanden des Regimes entgegen. Der ägyptische Sportkritiker Hassan Mistikawi berichtete in der Zeitung „Al Ahram weekly“, die gut organisierten Ultras hätten die anderen Demonstranten beschützt. Frauen berichteten auf Twitter, wie Ultras sie vor Mubaraks Schergen in Sicherheit gebracht hätten.

„Wir wollten keine Märtyrer sein“, erkläre der Ultra-Sprecher Amr Fahmy damals dem Fußballmagazin „11 Freunde“. Aber: „Wir haben keine Angst vor der Polizei, denn schwingende Knüppel und Tränengas sind für uns nichts Neues. Es war ganz selbstverständlich, dass wir ganz vorne mit dabei waren, als die Menschen auf der Straße kämpften.“

Zum tödlichen Drama wurde am Ende aber keine Auseinandersetzung der Al-Ahli-Ultras mit der Polizei, sondern eine Schlacht mit Ultras des Fußballvereins Al-Masri in Port Said. Am 1. Februar 2012 hetzten mit Flaschen, Steinen, Messern und sogar Pistolen bewaffnete Al-Masri-Fans in der Hafenstadt die Profis von Al-Ahli und ihre Anhänger. Die Bilanz: 74 Tote und Hunderte Verletzte.

Viele Ägypter sahen den Ereignissen fassungslos zu. Nicht alle gaben damals den Ultras die Schuld. „Die Generäle haben sich jetzt gerächt“, twitterten viele und erinnerten daran, dass die Kairoer Ultras auch an vielen Protesten gegen den Militärrat beteiligt waren, der nach Mubaraks Sturz die Macht übernommen hatte. Diese Gerüchte sind seither widerlegt.

Jetzt ist auch der Militärrat Geschichte und die Muslimbrüder stellen den Präsidenten Mohammed Mursi, der die getöteten Ultras zu Märtyrern der Revolution erklärt hat. Anhänger von Port Said werfen der Justiz politische Urteile gegen die Ultras aus dem Norden vor - schließlich wurden neu vorgelegte Beweise noch gar nicht ausgewertet.

Die miteinander verfeindeten Ultras der populären Kairoer Vereine Al-Ahli und Al-Samalek plädierten nach dem „Todesspiel“ von Port Said für ein Ende der Gewalt. Der Praxistest steht noch aus: Der Fußballverband hatte alle folgenden öffentlichen Spiele abgesetzt; die neue Saison soll erst am kommenden Donnerstag beginnen.

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