Ägypten: Muslimbrüder feiern mit Kopten Weihnachten

Kairo (dpa) - Ägyptens koptische Christen haben ihr erstes Weihnachten nach dem Sturz von Husni Mubarak unter massivem Polizeischutz und in Sorge um ihre Zukunft gefeiert.

Es gab aber auch Zeichen der Hoffnung für die christliche Minderheit in dem islamischen Land: Zum zentralen Gottesdienst in der Markus-Kathedrale in Kairo kamen in der Nacht zum Samstag neben einigen Generälen erstmals auch Repräsentanten der Muslimbruderschaft. Das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, Papst Schenuda III., hatte die Islamisten zu dem Mitternachtsgebet eingeladen.

Die Partei der Muslimbrüder „Freiheit und Gerechtigkeit“ hatte schon vor der Messe verkündet, eine hochrangige Delegation zu der christlichen Feier zu schicken. Der Islam verpflichte alle Muslime, gegenüber den Christen und ihrem Glauben tolerant zu sein, hieß es in einer Erklärung. Gemeinsam zu feiern, sei eine Chance, die gegenseitige Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. So überbrachte Parteichef Mohammed Morsi höchstpersönlich den Kopten die Grüße und Glückwünsche der Muslimbruderschaft.

Die islamistische Organisation wird aus der Parlamentswahl nach den bisher vorliegenden Ergebnissen als stärkste Kraft hervorgehen und zusammen mit der radikaleren Partei des Lichts der Salafisten wohl mehr als 60 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Das macht den Christen, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, Sorgen. Denn religiöse Übergriffe gibt es immer wieder. Auch diese Weihnachtsfeier war am Freitag und Samstag von der Angst vor Anschlägen überschattet. Soldaten und Polizisten bewachten von Beginn der Feierlichkeiten an die Kirchen des Landes, um Attacken islamistischer Fanatiker zu verhindern.

Immer wieder kommt es in Ägypten zwischen Muslimen und der christlichen Minderheit zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Vor gut einem Jahr waren vor einer Kirche in der Hafenstadt Alexandria in der Silvesternacht mehr als 20 Menschen bei einem Bombenanschlag getötet worden. Im Oktober kamen bei blutigen Zusammenstößen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo 26 Menschen, überwiegend Christen, ums Leben.

Die ägyptische Tageszeitung „Al-Ahram“ sprach anlässlich des Weihnachtsfeiertags mit einigen Kopten über ihre Hoffnungen und Ängste. Die 22-jährige Niveen al-Schahat sagte, es seien eine Reihe von Drohungen an koptische Webseiten geschickt worden, in denen den Christen eine große „Überraschung“ an Weihnachten angekündigt wurde. Vor einem Gottesdienst verabschiede sie sich immer von ihren Freunden, „für den Fall, dass ich sie nicht mehr wiedersehen sollte“.

Doch gibt es auch immer wieder Solidaritätsbekundungen seitens der Muslime. So hatten vor dem Fest selbst einige Salafisten angekündigt, sich am Schutz von Kirchen zu beteiligen. Das stieß allerdings bei vielen Christen auf Ablehnung. Auf dem zentralen Kairoer Tahrir-Platz, dem Symbol des Aufstands gegen Mubarak, kam es an Silvester zu einer spontanen gemeinsamen Feier. Tausende Ägypter begrüßten das neue Jahr unter dem Motto: „Christen und Muslime Hand in Hand.“

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