Aufschwung: Die deutsche Wirtschaft lehnt höhere Löhne ab

Die Bundesregierung fordert großzügige Tarifabschlüsse, doch die Unternehmen wollen lieber investieren.

Berlin. Die deutsche Wirtschaft lehnt trotz des rasanten Aufschwungs kräftige Lohnsteigerungen auf breiter Front ab. Wichtiger sei es, dass die Unternehmen in der Krise verschobene Investitionen nachholten.

"Das hat jetzt Priorität und nicht höhere Löhne", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben.

Die Unternehmen seien als Folge der Krise finanziell noch ausgeblutet. "Wenn jetzt wieder investiert und neu eingestellt wird, sehe ich keine Möglichkeit für deutlich höhere Löhne." Unionsfraktionschefs Volker Kauder (CDU) sprach sich dagegen wie zuvor Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) für höhere Löhne aus.

Die Regierung geht in ihrer neuen Konjunkturprognose von einem preisbereinigten Anstieg der Nettolöhne in diesem Jahr um 2,7 Prozent aus. "Einen solchen Anstieg hatten wir das letzte Mal vor 18 Jahren", sagte Brüderle. In der Stahlbranche in NRW war zuletzt in den Tarifverhandlungen ein Plus von 3,6 Prozent vereinbart worden.

Der kraftvolle Aufschwung lässt die deutschen Unternehmen jubeln. Im Oktober stieg der ifo-Geschäftsklimaindex überraschend zum fünften Mal in Folge. Damit erreichte das Konjunkturbarometer nicht nur den höchsten Stand seit fast dreieinhalb Jahren, sondern ist auch beinahe wieder auf dem Niveau aus Zeiten des Wiedervereinigungs-Booms angekommen. Experten hatten mit einem Stimmungsdämpfer gerechnet.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich im Interview mit unserer Zeitung trotz der guten Entwicklung gegen Steuersenkungen aus.

Der kräftige Konjunkturschub sorgt auch weiter für Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. Im Oktober rutschte die Arbeitslosenzahl mit 2,93 Millionen erstmals seit Jahren wieder unter drei Millionen.

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