Zu viele offene Fragen Auf der Suche nach einer Corona-Strategie für 2021

Die Politik konzentriert sich auf das Thema Impfen, will mit den öffentlichen Gesten möglichste viele Menschen dazu bewegen. Doch die Aussichten auf die Impfungen dürfen nicht zur weißen Salbe werden, mit der man die Wunde überdecken will.

 Am Dienstag etwa besuchte Jens Spahn zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet das Impfzentrum Düsseldorf.

Am Dienstag etwa besuchte Jens Spahn zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet das Impfzentrum Düsseldorf.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Bilder sind in der Politik wichtig. In normalen Zeiten weihen Fachminister gerne Autobahnen ein, sind in Schulen oder Kindertagesstätten unterwegs, schütteln möglichst viele Hände. In Corona-Zeiten wird der Besuch von Politikern in Impfzentren in den nächsten Monaten zum Standard werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird qua Amt viel an diesen Stätten unterwegs sein. Am Dienstag etwa besuchte er zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet das Impfzentrum Düsseldorf. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans wiederum rief in seiner Regierungserklärung dazu auf, sich impfen zu lassen – er selbst werde das sofort tun. Kanzlerin Angela Merkel verbreitet Optimismus mit Blick auf eine schnelle Zulassung, auch Kanzleramtsminister Helge Braun setzt darauf, dass sich bald ein Licht am Ende des Corona-Tunnels auftut. Und ja, die Nachrichten stimmen optimistisch: So erklärte etwa die Europäische Arzneimittelagentur gerade, bis spätestens Ende Dezember den Zulassungsantrag für den Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer abschließend zu bewerten.

 Autorin Kerstin Münstermann.

Autorin Kerstin Münstermann.

Foto: Krebs, Andreas (kan)

Die Politik konzentriert sich auf das Thema Impfen, will mit den öffentlichen Gesten möglichste viele Menschen bewegen, sich eine Spritze gegen das Virus geben zu lassen. Das ist im Sinn der Pandemiebekämpfung gut und richtig. Doch die Aussichten auf die Impfungen dürfen nicht zur weißen Salbe werden, mit der man die Wunde überdecken will – um in medizinischen Bildern zu bleiben. Es wird noch viel Zeit ins Land gehen, bis eine Massenimmunität hergestellt ist. Die Politik braucht dringend ein Konzept, wie es ab Januar weitergehen soll. Doch davon ist bislang nicht viel zu vernehmen, Bund und Länder liefern sich stattdessen einen un­sinnigen Streit über die Frage nach Hotelöffnungen an den Feiertagen. Wie wird das Erwachen nach dem Lockdown sein, wenn die Infektionszahlen sich auf hoffentlich niedrigerem Niveau stabilisiert haben, der Winter jedoch noch andauert? Was machen die Schulen, was die Firmen? Gibt es genug Schnelltests, können Senioren die schützenden FFP2-Masken günstig erwerben? Können die Restaurants wieder zu ihren Hygienekonzepten zurückkehren, die Kinder wieder auf den Sportplatz am Nachmittag? Werden Theater wieder öffnen können? Im Sommer hat man gesehen, was passiert, wenn die langfristige Strategie kurzfristigen Streitereien geopfert wird und die Zahlen eine falsche Sicherheit vorgaukeln.

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