Aschermittwoch mit Schalldämpfer

Politiker bemühen sich in Zeiten der Krise um Sachlichkeit.

Passau. Eigentlich ist nur am Anfang alles wie früher bei diesem politischen Aschermittwoch der CSU in Passau. Unter dem Jubel mehrerer tausend Anhänger zieht Parteichef Horst Seehofer in die Dreiländerhalle ein, die Stadtkapelle schmettert den Bayerischen Defiliermarsch. "Seehofer ist unser Obama" steht auf einem Plakat, auf einem anderen ist zu lesen: "Yes, we can - mit Horst". Der 59-Jährige wird von seiner Partei nach dem christsozialen Katastrophenjahr 2008 nach wie vor als Hoffnungsträger gesehen.

Doch dann verläuft dieser Aschermittwoch anders als in den Vorjahren - nicht nur, weil Seehofer zwischenzeitlich kämpfen muss, um die 80-Minuten-Rede überhaupt durchzustehen und nicht am Rednerpult zusammenzuklappen. Der Grund: ein Virus-Infekt, der ihn seit Tagen plagt.

Das beeinflusst Seehofers Angriffslust, auf die der Großteil des unionstreuen Publikums in der Passauer Dreiländerhalle gehofft hat, sichtlich. Statt derber Zoten und wortgewaltiger Keulenschläge auf die Konkurrenz sind nur ein paar vorsichtige Nadelstiche zu verbuchen.

Im Schnelldurchlauf prescht der ermattete Seehofer durch sein Redemanuskript, streift mal hier, mal da ein Thema. Beispielsweise bei seiner groß angelegten Forderung nach einem "Bürgerpakt für Deutschland": "Lasst uns einen Vertrauenspakt zwischen Bevölkerung und Politik schließen", so seine lapidare Forderung. Dazu bedürfe es einer gemeinsamen Anstrengung aller gesellschaftlichen Kräfte. Wie diese aussehen soll, lässt der CSU-Vorsitzende offen.

Dann geht es um die Finanzkrise: "Schuldig sind die raffgierigen Manager in den Banken und an der Börse", sagt Seehofer. Der "Spekulationskapitalismus" sei wie der Sozialismus gescheitert, die Antwort darauf könne nur die Stärkung der sozialen Marktwirtschaft sein: "Augenmaß statt Größenwahn, Fleiß statt Gier, Substanz statt Luftnummern. Das ist jetzt gefragt."

Angriffslustiger war da schon die SPD-Spitze. Die Parteiprominenz war weiter nördlich ausgeschwärmt, um den ersten Tag der Fastenzeit für den Vorwahlkampf zu nutzen. Aus Niedersachsen und Baden-Württemberg kamen Seitenhiebe auf die Berliner Koalitionspartner CDU und CSU. Angesichts der schweren Wirtschaftskrise hielten sich allerdings auch Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und SPD-Chef Franz Müntefering mit Rundumschlägen zurück.

"Das schwarze Durcheinander schadet unserem Land", zeigte sich Steinmeier in der Karnevals-Diaspora Cuxhaven überzeugt. Auch die CDU-Kanzlerin bekam vom Vize-Kanzler ihr Fett weg. Statt die Richtlinien der Politik zu bestimmen, lasse es Merkel zu, "dass ihr die bayerischen Landesfürsten auf der Nase herumtanzen".

Ein Skandal sei es, wie sich die Union weiter bei den Mindestlöhnen querlege. "Wir brauchen eine Absicherung nach unten, damit der Abstand in der Gesellschaft nicht noch größer wird", forderte Steinmeier.

Auch Müntefering knöpfte sich den Koalitionspartner vor. Die Union sei nicht mehr in der Lage, das Land verantwortlich zu regieren, stichelte der Parteichef bei der Kundgebung der Südwest-SPD in Ludwigsburg.

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