Notengebung Anwalt in der Schule: Widerspruch der Eltern gegen Zeugnisnoten nimmt zu

Düsseldorf · Die Zahl der Schulleiter, die elterliches Auftreten als Problem empfinden, wächst. Der VBE ruft nach Deeskalationsstrategien.

 Lehrer und Schüler - ein Verhältnis, in das Eltern gerne mal eingreifen.

Lehrer und Schüler - ein Verhältnis, in das Eltern gerne mal eingreifen.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die Bildungsgewerkschaft VBE (Verband Bildung und Erziehung) will Deeskalationsstrategien in der Lehrerausbildung verankern. „Wir brauchen ein stärkeres Augenmerk auf den Umgang mit Erwachsenen“, sagte der Bundesvorsitzende Udo Beckmann gegenüber dieser Zeitung. Hintergrund ist eine repräsentative Forsa-Umfrage des Verbandes im ersten Quartal dieses Jahres. Darin hatten deutlich mehr Schulleiter die Eltern der Schüler als eines der größten Probleme im Schulalltag benannt.

Während 2018 noch zwölf Prozent der Schulleiter die Eltern nach Lehrermangel, Inklusion/Integration, Ausstattung und Gebäuden zu den größten Schulproblemen zählten, waren es in diesem Jahr schon 18 Prozent. Auch in der NRW-Auswertung der Befragung von bundesweit 1232 Schulleitern stieg der Anteil von neun auf 16 Prozent. Der VBE sieht in den Ergebnissen eine Bestätigung seiner bereits Ende 2016 veröffentlichten Befragung zur Gewalt gegen Lehrkräfte. Damals gab fast jeder vierte Lehrer an, schon mal Opfer psychischer Gewalt wie Diffamierung, Belästigung oder Bedrohung geworden zu sein – ganz überwiegend durch Schüler, aber auch durch Eltern. Acht Prozent der befragten Lehrkräfte in NRW erklärten, sogar körperlich angegriffen worden zu sein.

Am Freitag gibt es in Nordrhein-Westfalen Schulzeugnisse. Maike Finnern, neue NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht die Notengebung auch als größtes Konfliktfeld zwischen Lehrern und Eltern: „Der Widerspruch gegen Noten hat zugenommen.“ Das gelte sowohl für direkte Beschwerden bei den Lehrern selbst als auch für offizielle Widerspruchsverfahren. Gesamt­statistiken sind dazu nicht verfügbar.

Dass die Bereitschaft zum Widerspruch zugenommen hat, bestätigt Anke Staar, Vorsitzende der Landeselternkonferenz NRW. „Wir raten Eltern auch zum formellen Verfahren.“ Konflikte entstünden vor allem dort, wo es zu vielen Stundenausfällen gekommen sei. „Die erste Schwierigkeit ist schon, dass die allerwenigsten Eltern über ihre Rechte und Pflichten Bescheid wissen. Viele kennen auch unser Schulsystem gar nicht, aber es wird erwartet, dass sie die Komplexität dieses Systems verstehen.“

Elternverbände fordern
Fortbildung für Eltern

Alle Elternverbände, so Staar, seien sich daher einig: „Wir brauchen dringend eine gute Fortbildung für Eltern, damit die Bildungspartnerschaft gelingt.“ Nach ihren Angaben wird sich die 2. Elternkonferenz des Landtagsausschusses für Schule und Bildung am 11. September sowohl mit der Elternmitwirkung auf kommunaler und Landesebene als auch mit dem Thema Elternfortbildung befassen.

Nach Einschätzung des VBE-Vorsitzenden Beckmann zieht sich die sinkende Bereitschaft zur Konfliktlösung bei einem Teil der Eltern quer durch die Schichten. „Unterschiede es gibt nur in der Vorgehensweise. Bei höherer Bildung wird mit dem Anwalt gedroht, bei Eltern mit einem anderen sozioökonomischen Hintergrund kommt es eher zu direkten verbalen Angriffen.“

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