Anschlag: Extremisten wollen den Krieg im Nahen Osten

Mit dem blutigen Anschlag auf dem Sinai schüren die Terroristen die Konflikte der Region.

Tel Aviv/Kairo. Die Angreifer kamen kurz nach Sonnenuntergang und überrumpelten die ägyptischen Soldaten an der Grenze zu Israel. Die waren abgelenkt, weil sie nach einem langen heißen Tag im Fastenmonat Ramadan am Abend endlich wieder essen und trinken durften. Mindestens 16 Soldaten starben am Sonntag im Kugelhagel der Bewaffneten, mehrere weitere wurden verletzt. Dann steuerten die Unbekannten zwei erbeutete ägyptische Militärfahrzeuge auf die israelische Grenze zu. Dort wurden sechs von ihnen getötet, der Rest floh. Obwohl sich zunächst niemand zu der Tat bekannte, vermuten israelische Experten islamische Extremisten hinter den Anschlägen.

Boaz Ganor, Direktor des Instituts für Terrorismusbekämpfung im israelischen Herzlija, sagte: „Diese Gruppen operieren im Chaos des Sinai und wollen eine Kettenreaktion auslösen, an deren Ende ein regionaler Krieg steht.“ Ähnlich äußerte sich Joram Schweitzer vom Nationalen Institut für Sicherheitsstudien an der Universität Tel Aviv. „Eines der Ziele dieser kleinen und radikalen islamischen Gruppen ist es, einen Bruch, einen Konflikt zwischen Israel und Ägypten herbeizuführen“, sagte er.

Das staatliche ägyptische Fernsehen brachte die Terroristen mit einer Gruppe von extremistischen Islamisten in Zusammenhang, die auf dem Sinai operiere. Andere Medien zitierten nicht namentlich genannte ägyptische Sicherheitskreise, die behaupteten, die Angreifer gehörten einer neuen Extremistengruppe aus dem Gazastreifen an.

Die israelische Regierung forderte Ägyptens Präsidenten Mohammed Mursi auf, für Ordnung auf dem Sinai zu sorgen. Allerdings ist das Innere der Halbinsel ein Areal der Gesetzlosigkeit. Die Beduinen, die hier leben, sind in Ägypten Bürger zweiter Klasse. Viele von ihnen verdienen sich ihr Geld mit dem Schmuggel von Waffen, Drogen und afrikanischen Flüchtlingen, die nach Israel wollen. Einige von ihnen helfen auch islamistischen Extremisten, die gelegentlich vom Sinai aus Israel anzugreifen trachten.

Ob die Kalkulation der Dschihad-Krieger aufgeht, ist aber fraglich, meint Schweitzer. Es könne ebenso sein, dass sie Ägypten, Israel und sogar die radikal-islamische Hamas näher zueinander treiben. Die Geheimdienst-Kooperation zwischen Ägypten und Israel scheint zumindest zu funktionieren. Als die Angreifer am Sonntagabend beim Grenzübergang Kerem Schalom auftauchten, wurden sie offenbar schon von den Israelis erwartet. Ein Kampfhubschrauber zerstörte umgehend das einzige Fahrzeug, das den Grenzzaun durchbrechen konnte.

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