Analyse: Womit Dieter Althaus juristisch rechnen muss

Noch ist nicht klar, ob es gegen den Regierungschef von Thüringen ein Verfahren geben wird.

Düsseldorf. Thüringens CDU hofft, dass die Partei mit Dieter Althaus in den Landtagswahlkampf 2009 ziehen kann. Doch für eine weitere Amtszeit muss Althaus nicht nur möglichst lange vor dem Wahltag am 30.August wieder körperlich fit sein. Auch psychisch muss er mit den Folgen des Skiunfalls fertig werden, bei dem die Mutter eines einjährigen Kindes getötet wurde. Und: Ihm droht ein Strafverfahren, das ihn im Wahlkampf belasten könnte.

Noch ist nicht klar, ob es überhaupt zum Verfahren kommt. Die Staatsanwaltschaft im österreichischen Leoben ermittelt. Deren Sprecher Walter Plöbst sagte dem österreichischen "Standard", die Gutachten eines Gerichtsmediziners und eines Technikers seien frühestens in vier Wochen zu erwarten.

Für eine Anklage wäre Österreichs Justiz zuständig. Nach Paragraf 62 des österreichischen Strafgesetzbuches (StGB) gelten die österreichischen Strafgesetze für alle im Inland begangenen Taten. Nach Paragraf 81 droht bei fahrlässiger Tötung eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Tobias Goldkamp, Rechtsanwalt für Zivilrecht in Kaarst, verweist auf ein Urteil des Obersten Österreichischen Gerichtshofes. Der urteilte schon 1986, dass bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit die FIS-Regeln des internationalen Skiverbands maßgeblich sind. In einem Strafverfahren müsste also überprüft werden, ob Althaus diese Regeln verletzt hat.

Selbst wenn es zum Verfahren käme, würde das nicht die Wählbarkeit von Althaus ins politische Amt vereiteln. Für den Verlust des passiven Wahlrechts setzt §45 unseres Strafgesetzbuches die Verurteilung wegen eines Verbrechens voraus. Verbrechen heißt, dass die Tat mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist - das ist bei fahrlässiger Tötung nicht der Fall. Für die Entscheidung, ob Althaus zur Wahl antritt, gelten daher politische, nicht rechtliche Maßstäbe.

Aber genießt Althaus nicht Immunität? Die diplomatische Immunität würde nur greifen, wenn Althaus Staatsoberhaupt oder als Diplomat in Österreich akkreditiert wäre. Er ist aber "nur" Ministerpräsident und hielt sich auch nicht in diplomatischer Funktion, sondern privat in Österreich auf.

Neben seiner Funktion als Regierungschef ist Althaus auch Abgeordneter im Erfurter Landtag - und für eine solchen gilt der Schutz des Artikels 55 der Thüringer Verfassung vor Strafverfolgung. Diese Immunitätsvorschrift bindet indes nur deutsche, nicht aber automatisch österreichische Strafverfolger. Auch hieße Immunität nicht Straffreiheit, sondern nur, dass der Landtag in Strafverfolgungsmaßnahmen einwilligen müsste.

Neben einem Strafverfahren können auf Althaus auch Regressforderungen von Hinterbliebenen der verstorbenen Skifahrerin zukommen. Walter Kreissl, österreichischer Anwalt von Althaus, setzt aber darauf, dass dies außergerichtlich geklärt wird.

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