Analyse: War der Kosovo-Krieg der Nato rechtmäßig?

Vor zehn Jahren begannen die Luftangriffe. Die Intervention ist noch immer umstritten.

Brüssel. Das Bombardement der Nato dauerte 79 Tage. Als der Nato-Oberbefehlshaber, US-General Wesley Clark, später gefragt wurde, wie viele Ziele zerstört wurden, antwortete er kurz und knapp: "Genügend." Auch zehn Jahre nach dem Luftkrieg gegen die serbischen Streitkräfte, der am 24. März 1999 begann, gibt es keine Nato-Zahlen über getroffene Ziele.

Und genaue Zahlen über zivile Opfer gibt es laut dem Militärbündnis auch nicht. Wichtig sei nur, dass das politische Ziel erreicht worden sei: Die Verhinderung einer vom serbischen Regierungschef Slobodan Milosevic angeordneten "ethnischen Säuberung" des Kosovos von seiner albanischen Bevölkerung.

"Eine gerechte und notwendige Aktion" nannte Nato-Generalsekretär Lord Robertson die erste große Kriegshandlung, an der sich praktisch alle der damals 19Mitgliedsländer beteiligten. In der Nato-Zentrale in Brüssel wird der Luftkrieg gegen Serbien als wichtiger Erfolg gesehen.

Die Bevölkerung des Kosovos sei geschützt, der fast zeitgleich als Kriegsverbrecher angeklagte Milosevic zur Kapitulation gezwungen worden. Zugleich sei das Bündnis im Gegensatz zu Milosevics Hoffnungen und Erwartungen nicht auseinandergebrochen: Die gemeinsame Front gegen Serbien sei fest geblieben.

"Hätte man es besser machen können?" lautet der Titel einer Seite auf der offiziellen Internet-Seite der Nato. Denn auch dort ist klar, dass eine Reihe von Fragen durchaus umstritten ist. Ob die Luftangriffe auch ohne UN-Mandat überhaupt zulässig gewesen seien, gehört dazu. Juristen streiten sich, ob es sich wirklich um einen Völkermord gehandelt habe, der eine Intervention rechtfertigen könne.

Die Nato-Chefs selbst zweifeln nicht an der Rechtmäßigkeit. Sie verweisen auch darauf, dass während des Luftkriegs kein einziger Nato-Soldat im Kampf getötet wurde. Kritiker des Vorgehens meinen hingegen, dies sei nur möglich gewesen, weil das Bündnis keine Bodentruppen eingesetzt, sich auf Bombardierungen aus großer Höhe beschränkt und damit zivile Opfer in Kauf genommen habe.

Die Nato widerspricht vehement: Die Ziele seien genau ausgewählt worden, um Zivilopfer zu vermeiden. "Aber es war unvermeidlich, dass Fehler passieren und dass Waffensysteme manchmal nicht korrekt funktionieren." Das Bündnis beruft sich auf eine Schätzung von "Human Rights Watch", wonach es 90 "Zwischenfälle mit Ziviltoten" gegeben habe - das sei weniger als ein Prozent der Bombenflüge.

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