Analyse: Schwarz-gelbe Klausur: Ausflug mit Problemen

Bei der Tagung des Kabinetts im Schloss Meseberg steht auch „Teambildung“ auf dem Programm.

Berlin. So ein bisschen ist es wie eine Klassenfahrt oder ein Betriebsausflug: Die schwarz-gelbe Regierung zieht sich für zwei Tage in die brandenburgische Provinz zurück, ins Schloss Meseberg nördlich von Berlin. Ganz so munter wie auf solchen Ausflügen wird es aber wohl nicht werden. Denn mit im Gepäck haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister viele Probleme, die sich nach drei Wochen Koalition angestaut haben: die Steuerreform, Änderungen am Gesundheitsfonds, die Zuständigkeit für Energiepolitik, Änderungen in den Hartz-IV-Bestimmungen und der Bundeswehreinsatz in Afghanistan.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird dem Koalitionspartner FDP wohl einen Strich durch die von den Liberalen ersehnte große Steuerreform machen. Er wird am Dienstag die Zahlen für den Haushalt 2010 und die Folgejahre präsentieren - und den Spielraum für Entlastungen benennen. FDP-Chef Guido Westerwelle lässt Bereitschaft erkennen, über den Umfang zu verhandeln. Frei nach Helmut Kohl (CDU) sagt er: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt."

Westerwelle beruft sich auf das Versprechen weiterer Entlastungen und einer Steuerreform im Koalitionsvertrag. Allerdings gibt es einen Haken: Union und FDP haben die heiklen Stellen so formuliert, dass sich beide Seiten wiederfinden können. Strittige Fragen lassen sich unterschiedlich interpretieren. Merkel nannte in ihrer Regierungserklärung das Jahr 2011 für zusätzliche Entlastungen. Letztlich wird wohl die Kassenlage entscheiden. Im Koalitionsvertrag steht "möglichst 2011".

Die großen Brocken Steuern und Gesundheit werden in der idyllischen Provinz wohl nicht abschließend entschieden. Für die Gesundheitsreform wird vermutlich bis Jahresanfang ein Vorschlag für eine Expertengruppe vorliegen. Dennoch betont die Regierung, dass das Signal der Klausur sein soll, Tempo zu machen. "Wir arbeiten handwerklich zügig, aber auch solide", heißt es in Regierungskreisen, um sich von der großen Koalition abzugrenzen. Die Opposition frohlockt. Grünen-Chef Cem Özdemir wünscht der neuen Regierung: "Schwarz-Gelb sollte in sich gehen, sollte die Köpfe lüften."

Bei allem Streit geht es in Meseberg aber auch um "Teambildung", wie es heißt. Schließlich soll "ein gemeinsames Verständnis" für die Steuer- und Gesundheitsreform gefunden werden. Salopper ausgedrückt: Wenn der erste Arbeitstag rum ist, soll’s Bier und Wein geben.

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