Analyse: Kämpfen in Kiel, Kuscheln in Potsdam

Während es in Schleswig-Holstein für die CDU äußerst knapp wird, hat die SPD in Brandenburg praktisch schon gewonnen.

Kiel/Potsdam. Spannung in Kiel, gepflegte Langeweile in Potsdam. So lässt sich die Stimmung zusammenfassen wenige Tage vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Brandenburg, die zeitgleich mit der Bundestagswahl stattfinden.

Vor viereinhalb Jahren stand erst spät in der Nacht fest, dass es für Schwarz-Gelb hauchdünn nicht gereicht hatte. Vor einer Zitterpartie stehen CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und FDP-Vormann Wolfgang Kubicki auch jetzt, wenn die Umfragen halbwegs zutreffen.

Carstensens erbitterter Gegner, SPD-Landeschef Ralf Stegner, setzt auf die Grünen und den Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der als Partei der dänischen Minderheit von der Fünf-Prozent-Klausel befreit ist. Aber für eine Regierungsbildung dürfte das nicht reichen. Also steht für den Fall eines Scheiterns von Schwarz-Gelb die Frage im Raum, ob die bisher landespolitisch unbedeutende Linke eine relevante Rolle spielen wird, wenn sie wie erwartet erstmals den Sprung ins Parlament schafft.

Dass Stegner nur Gespräche mit "Nazis" ausschließt, gibt Carstensen im Wahlkampf Gelegenheit, vor Kommunisten in der Regierung zu warnen. "Keiner kann sich vorstellen, dass es eine Koalition auf der anderen Seite geben kann ohne die Linken", sagt er.

Das CDU-Lager ist mit jeder Umfrage nervöser geworden, auch wenn sich Carstensen weiter zuversichtlich gibt. Die 30 Prozent werden zur magischen Marke; ihr haben sich die Ex-Koalitionspartner angenähert: die CDU von oben, die SPD von unten.

Auffällig ist auch, dass Stegner (49) den Rückstand zu Carstensen (62) in den Persönlichkeitswerten verringern konnte. Ihr TV-Duell im NDR-Fernsehen heute könnte einen letzten Ausschlag geben. Vor der Wahl 2005 hatte Carstensen gegen Amtsinhaberin Heide Simonis (SPD) im Fernsehen klar gepunktet.

Nach den jüngsten Umfragen kann Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) weiterregieren und sich den Koalitionspartner aussuchen. Die Linke würde zweitstärkste, die CDU drittstärkste Kraft. Rein rechnerisch hätte die SPD die Wahl zwischen der Fortsetzung der seit 1999 bestehenden Koalition mit der CDU und - erstmalig - einem rot-roten Bündnis. Welche der beiden Varianten er bevorzugen würde, will Platzeck bis zuletzt nicht preisgeben. Sowohl Christdemokraten als auch Linke umwerben ihn als mögliche künftige Partner, so dass im Wahlkampf eher gekuschelt als gekämpft wird.

Wie es weitergeht, wird sich in den ersten Tagen nach der Wahl entscheiden. Sollte die CDU unter 20 Prozent sacken, wäre das Schicksal ihrer Spitzenkandidatin und Landesvorsitzenden Johanna Wanka in den eigenen Reihen völlig ungewiss.

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