Analyse: Hoffnung für deutsche Reporter im Iran

Der Vorwurf der „Spionage“ wiegt schwer, doch Teheran dürfte zurzeit kein Interesse an einer politischen Krise haben.

Teheran. Spätestens seit der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr und den folgenden Straßenprotesten gegen die Regierung wegen angeblicher Wahlfälschung haben ausländische Journalisten im Iran einen schweren Stand.

Von der Regierung werden sie als "Lautsprecher des Imperialismus" bezeichnet. Ihnen wird sogar wegen kritischer Berichte über den Iran "sanfter Krieg" gegen das Establishment unterstellt.

Eine Berichterstattung über fast alle politischen Themen ist daher schwierig. Ganz oben auf der behördlichen Tabu-Liste steht der Fall der Iranerin Sakineh Mohammad-Aschtiani, die wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt wurde. "Das Thema ist so heiß, dass man sich daran nur verbrennen kann", sagt ein iranischer Journalist.

Ein Reporter und ein Fotograf der "Bild am Sonntag" hatten es trotzdem gewagt, mit einem Touristenvisum in den Iran einzureisen, um den Sohn und Anwalt der Frau in ihrer Heimatstadt zu interviewen. Ihre Kontaktperson war die in Deutschland lebende Menschenrechtlerin Mina Ahadi.

Die beiden Reporter - ebenso der Sohn und Anwalt der von der Steinigung bedrohten Frau - wurden von Sicherheitsbeamten aufgespürt und verhaftet. Die Deutschen landeten in einem Gefängnis in der Provinzhauptstadt Täbris, wo sie nun seit dem 10. Oktober inhaftiert sind.

Am Anfang wurde ihnen vorgeworfen, ohne Presseakkreditierung im Iran gearbeitet zu haben. Dieser Vorwurf wäre nach Ansicht von Rechtsexperten nicht so schlimm. Aber wegen ihrer Verbindung zu Ahadi wird den beiden nun auch Spionage und eine Hetzkampagne gegen den Iran unterstellt.

"Wegen ähnlicher und nicht mal bewiesener Vorwürfe sitzen zwei Amerikaner seit 16 Monaten hier in Haft", sagte ein Anwalt in Teheran. Nach seinen Angaben hat der Justizchef in Aserbaidschan, der bisher die Vorwürfe erhob, aber nicht die Befugnis, über einen Fall mit politischen Konsequenzen zu entscheiden.

Das müsste dann schon auf höherer Ebene in Teheran passieren. "Da die beiden Deutschen nun auch im staatlichen Fernsehen ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt haben, wäre ein Happy End noch nicht ganz ausgeschlossen", sagte der Anwalt.

Mehrere Dissidenten und angebliche Spione kamen nach solchen TV-"Geständnissen" frei. Eine Bundestagsdelegation hatte bei einer Arbeitsreise letzten Monat in Teheran mit iranischen Offiziellen auch das Thema der beiden Deutschen besprochen. "Wir hatten das Gefühl, dass auch die Regierung ihre Freilassung will, aber sich noch nicht gegen die Justiz durchsetzen kann", sagte ein Delegationsmitglied. Der Iran will gerade vor der Wiederaufnahme der Atomgespräche keine politische Krise mit einem der Verhandlungspartner riskieren.

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