Analyse: Für jeden etwas – Union geht auf Stimmenfang

Versprechen für Arbeitnehmer, Familien und Arbeitslose – Union will die Mitte erobern.

Berlin. Es war einmal eine CDU-Chefin, die kündigte im Wahlkampf drastische Reformen für das Land an.

Das war 2005. Vier Jahre später scheint es, als wolle Angela Merkel - inzwischen längst Kanzlerin einer Großen Koalition - der Union im Wahlkampf einen anderen Anstrich geben.

Im Wahlprogramm von CDU und CSU, das am Wochenende druckfrisch an die Parteispitzen verschickt wurde, setzt sie auf die Entlastung von Arbeitnehmern und Familien, aber auch von Hartz-IV-Empfängern.

Ein Vierteljahr vor der Wahl wendet sich Merkel damit in Richtung "Mitte" der Gesellschaft, um möglichst viele Menschen anzusprechen. Die CDU müsse deutlich machen, "dass wir eben nicht eine Wirtschaftspartei sind", sagt sie. Dabei hat die Union längst einen Wunschpartner - die FDP. Beide sind nach dem klaren Bekenntnis zu einer schwarz-gelben Koalition nach der Bundestagswahl praktisch verlobt.

Die Union will andererseits auch grüner und sozialer werden. Bei den Klimaschutz-Zielen peilen CDU und CSU an, die Pläne der derzeitigen Bundesregierung zu übertreffen. Sie wollen einen stärkeren Anteil der Öko-Energien an der Stromerzeugung erreichen als SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel.

Die Union geht auch auf den sozialen Flügel zu und will Hartz-IV-Empfängern mehr Schonvermögen zur Alterssicherung belassen. Merkel sieht die Union als "einzige Volkspartei", nachdem die SPD bei der Europawahl noch schlechter als vor fünf Jahren abgeschnitten hatte.

Trotz der Koalitionsaussage zugunsten der Liberalen will sich die Union offensichtlich ein kleines Türchen offenhalten für andere Optionen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollen schwarz-grüne Bündnisse nicht ausschließen.

Die meisten Überschneidungen gibt es freilich weiterhin mit der FDP, das zeigt auch das Wahlprogramm. Hinzu kommt, dass die Grünen die vorsichtigen Avancen harsch zurückweisen.

Die grüne Spitzenkandidatin Renate Künast attackiert vor allem Guttenberg. "Solange er von längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke schwadroniert, dauert ein Gespräch mit ihm nicht länger, als mein grüner Tee ziehen muss." Co-Spitzenkandidat Jürgen Trittin nennt die umweltpolitischen Ziele der Union "Produktpiraterie".

Die Freidemokraten wundern sich indes über ihren Wunschpartner. FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich am Wochenende verstimmt über"schwarz-grüne Anbändeleien".

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