Analyse: Die Spanier führen Europa in die neue Zeit

Ab Januar gilt der Vertrag von Lissabon. Der Ratspräsident steht nun im Mittelpunkt.

Madrid. Das "alte Europa" klingt im hohen Norden aus, im tiefen Süden wird eine neue Ära eingeläutet: Wenn Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt und sein Außenminister Carl Bildt die EU-Ratspräsidentschaft zum Jahreswechsel abgeben, tritt ein neues Präsidentschaftssystem in Kraft. Die Spanier werden die ersten sein, die die EU nach den Regeln des kürzlich in Kraft getretenen Lissabon-Vertrags führen.

Beim alten Modell wären Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero und Außenminister Miguel Angel Moratinos die bedeutendsten Aushängeschilder der Union. Aber der Lissabon-Vertrag sieht für beide eigentlich keine Funktion mehr vor.

Die EU-Gipfel leitet ab 1. Januar der neue ständige Ratspräsident Herman Van Rompuy; in den Außenbeziehungen wird die neue "EU-Außenministerin" Catherine Ashton die Federführung haben. Die Spanier dürfen nur bei den einfachen Räten der Agrar-, Umwelt- oder Verkehrsminister den Vorsitz führen.

Wird der gewandte Zapatero es zulassen, dass unter "seiner" EU-Ratspräsidentschaft sich alles um den - als reserviert und wenig charismatisch geltenden - Rompuy drehen wird? Immerhin haben Zapatero und seine Regierung seit Monaten das Programm für die EU-Vorhaben im nächsten Halbjahr vorbereitet.

Madrid betonte jedoch, dass der spanische Regierungschef keineswegs vorhabe, den Belgier in den Schatten zu stellen. "Dies ist Rompuys Show", versicherte Außenminister Miguel Angel Moratinos.

Die letzte eigene "Show" als eigenständige EU-Ratspräsidentschaft haben Reinfeldt und der selbstbewusste Bildt nach einhelliger Brüsseler Meinung glänzend bewältigt. Die Schweden holten für den lange bedenklich wackelnden Lissabonner Reformvertrag auch Tschechiens euro-skeptischen Präsident Vaclav Klaus mit ins Boot.

Im Mittelpunkt der spanischen EU-Ratspräsidentschaft soll die Verabschiedung einer Strategie für einen Wirtschaftsaufschwung bis 2020 stehen. Außerdem will Madrid die Außenbeziehungen der EU zu den USA, zu Lateinamerika, zu den südlichen Mittelmeeranrainern und anderen Drittstaaten intensivieren. Der Verhältnis zu Kuba soll auf eine neue Grundlage gestellt werden - mehr Dialog und weniger Isolation ist hier das Motto.

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