Analyse: Die neue Grippe, die Impfung und das Geld

Die Kassen haben ihren Widerstand gegen die Kostenübernahme aufgegeben.

Berlin. Die Angst vor der Schweinegrippe kann Ulla Schmidt den Bundesbürgern nicht nehmen. Aber zumindest die Beitragszahler sollen für ihren Schutz gegen die sich rasant ausbreitende Krankheit nicht auch noch extra zur Kasse gebeten werden. "Wir haben eine völlig neue Situation, die es in der Bundesrepublik seit Kriegsende nicht mehr gegeben hat", sagt Dieter Voß, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen.

Dass die Grippewelle spätestens im Herbst mit Wucht auch Deutschland erreichen wird, ist allen Beteiligten klar. In einer ersten Impfaktion sollen daher chronisch Kranke, Schwangere, Ärzte, Krankenschwestern, Polizisten und Feuerwehrleute geschützt werden. Doch die Kassen sperrten sich, die Kosten für die Impfung der rund 25 Millionen besonders gefährdeten Bürger zu übernehmen - stattdessen forderten sie mehr Geld von der Regierung und drohten mit höheren Beiträgen.

Das Argument der Kassen: Der Staat sei in der Pflicht, da es sich bei Schweinegrippe um eine Pandemie - eine weltweite Epidemie - handle. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) blieb dennoch immun. Schutzimpfungen seien die Aufgabe der Versicherungen.

Die Ministerin und der Spitzenverband präsentierten am Donnerstag ihre Einigung. Die Finanzierung einer der größten Impfaktionen in Deutschland steht: Die Kassen übernehmen die Kosten für die Impfung von rund 35 Millionen Menschen - der Hälfte der gesetzlich Versicherten. Das Ziel der Bundesregierung ist aber, dass alle Menschen sich freiwillig impfen lassen können. Dann allerdings springen Bund und Länder für die Kosten ein. Völlig offen, ob das notwendig wird.

Die Kassen schultern somit deutlich mehr als ursprünglich von ihnen geplant. Insgesamt müssen sie mit zusätzlichen Ausgaben von rund einer Milliarde Euro rechnen. Inwieweit sich Ulla Schmidt damit durchgesetzt hat, bleibt offen. Ihr liegt am Herzen, dass Beitragserhöhungen oder Zusatzbeiträge der Kassen gleich im ersten Jahr des umstrittenen Gesundheitsfonds vermieden werden.

Ob dies so bleibt, ist allerdings ungewiss. Zwar hält es der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, für unwahrscheinlich, dass allein die Kosten für die Schweinegrippe- Impfung zu Zusatzbeiträgen bei Kassen führen werden. Aber ausschließen mag er das im Einzelfall auch nicht. Absolute Sicherheit haben die Versicherten also nicht, dass sie von höheren Beiträgen verschont bleiben.

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