An den Hochschulen grassiert die Bacheloritis

Die Lehrpläne sind vielfach so eng, dass das Studium kaum zu schaffen ist. Das soll sich ändern.

Düsseldorf. Vor zehn Jahren verabredeten in Bologna die Bildungsminister aus 29 Staaten, bis 2010 einen "gemeinsamen europäischen Hochschulraum” zu errichten. Die Idee war, Abschlüsse international vergleichbar zu machen, die Mobilität der Studierenden zu erhöhen, die Studiendauer zu verkürzen und mit dem Bachelor einen schnellen Einstieg in den Beruf zu ermöglichen.

Inzwischen sitzen zwar 46 Länder im Bologna-Boot, doch von der Idee von einst ist nicht viel geblieben. Durch die Verkürzung der Studienzeit in den neuen Bachelor-Studiengängen sind die Lehrpläne oft überfrachtet worden. Die straff organisierte Studienordnung lässt kaum Zeit für eine Vertiefung der Inhalte. Praktika oder Auslandsaufenthalte passen nur schwer in die engen Studienpläne.

Stattdessen grassiert unter Studenten die Bacheloritis. Viele leiden unter Prüfungsangst und Stresssymptomen. Bereits jeder Dritte bricht sein Bachelor-Studium ab - mehr als in Zeiten der alten Magister- und Diplom-Abschlüsse. Nach Informationen des Hochschul-Informations-Systems liegt die Abbrecherquote im Schnitt bei 21 Prozent, in den Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften sogar bei 39 Prozent. "Dort ist zum Teil einfach der Stoff von vier Jahren in drei Jahre gepackt worden", heißt es beim Deutschen Studentenwerk.

Im Sommer machten die Studenten in Deutschland ihrem Ärger Luft und gingen auf die Straße. Und auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat unlängst erkannt, dass einiges schief läuft. "Wir wissen gut, dass mancherorts die Prüfungslast zu hoch ist oder Studienpläne zu eng geplant sind", meint HRK-Präsidentin Margret Wintermantel.

Ob der von der Kultusministerkonferenz nun vorgestellte Maßnahmenkatalog jedoch die Missstände schnell beseitigt, darf bezweifelt werden. Länder und Hochschulen wollen reden: etwa darüber, dass die Hochschulen verstärkt Regelstudienzeiten von sieben oder acht Semestern anbieten sollen, damit das Studium zu schaffen ist; dass eine große Prüfung die vielen kleinteiligen in den sogenannten Studienmodulen ersetzt.

Deregulierung lautet die Parole der Stunde. Unsicher ist, ob auch Probleme wie mangelhafte Ausstattungen, zu große Lerngruppen und eine vielfach schlechte Betreuung zur Sprache kommen.

Fest steht derzeit nur eins: Die Reform der Reform kommt für die Studienanfänger in diesem Herbst allemal zu spät.

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