Affäre: Berlusconi und die langbeinige Blonde

Seine Frauengeschichten könnten Italiens Regierungschef den Job kosten.

Rom. Mitglieder der italienischen Opposition fordern den Rücktritt von Ministerpräsident Silvio Berlusconi, Vertreter der katholischen Kirche sprechen von einem Verfall der Moral: Die Affäre um sein bisher anrüchig unklares Verhältnis zu einer 18-jährigen Schülerin aus Neapel scheint Berlusconi in die Bredouille zu bringen. Nachdem der 72-Jährige zu Beginn seiner dritten Amtszeit geradezu unverletzlich erschien, schlägt sein Überraschungsbesuch zum 18.Geburtstag der langbeinigen, blonden Noemi Ende April nun doch auch im skandalerprobten Italien Wellen.

Die Anti-Korruptions-Partei "Italien der Werte" (IDV) unter der Führung von Antonio Di Pietro will einen Antrag auf ein Misstrauensvotum im Parlament einbringen. "Es ist eindeutig, dass der Ministerpräsident nicht die moralischen Qualitäten besitzt, um ein Land zu regieren", so Di Pietro. Bisher gelang es dem IDV-Führer aber nicht, die Oppositionsparteien unter einen Hut zu bringen. Die katholische Wochenzeitschrift "Famiglia Cristiana" protestiert, die Bürger verdienten Aufklärung. "Moralische Immunität" sei auch für Regierungsmitglieder nicht tolerierbar.

Schon in der vergangenen Woche hatte die Verurteilung von Berlusconis britischem Anwalt David Mills wegen Korruption dem Regierungschef einigen Gegenwind beschert. Mills waren Falschaussagen zu Berlusconis Gunsten nachgewiesen worden. Prompt hagelte es Rücktrittsforderungen. Berlusconi wiederum schimpfte über die Richter, das Urteil sei von "Linksextremisten" geschrieben worden.

Für die schwache Opposition scheinen die Allüren Berlusconis in der Tat das gefundene Fressen zu sein. Nach den jüngsten Umfragen dreier Institute könnten Berlusconis "Volk der Freiheit" (PdL) und Regierungspartner Lega Nord bei den Europawahlen Anfang Juni nämlich mit etwa 50Prozent der Stimmen rechnen. Die größte Oppositionspartei PD käme nur auf 27 Prozent.

Der "Fall Noemi" war Anfang Mai losgetreten worden. Die durch die Frauengeschichten ihres Mannes entnervte Berlusconi-Gattin Veronica Lario (52) wandte sich an die Presse, um ihre Scheidung anzukündigen. "Ich kann nicht mit jemandem leben, der sich mit Minderjährigen trifft", protestierte die verärgerte "First Lady" damals. Ganz Italien verfolgt seitdem interessiert die Enthüllungen aus der Gerüchteküche der nationalen Presse.

"Man hatte mich gewarnt: Die Verlegergruppe Repubblica-Espresso wolle das fertigbringen, was die Opposition nicht schafft - mich aus dem Weg räumen", ließ sich Berlusconi gestern erbost in der rechts-konservativen Zeitung "Libero" aus. Jedoch hallen die Behauptungen des 22 Jahre alten Ex-Freundes des Mädchens in der Öffentlichkeit nach.

Der Ministerpräsident habe sich 2008 bei Noemi gemeldet, heißt es da - wohl nachdem ihm Bewerbungsfotos von ihr für einen Job als TV-Show-Girl in die Hände gefallen waren. Auf zahlreiche Anrufe und Geschenke sei eine Einladung gefolgt. Silvester habe Noemi mit rund 40 anderen jungen Frauen in Berlusconis Luxusvilla auf Sardinien gefeiert. "Danach war sie nicht mehr meine Noemi", so der verbitterte Freund.

Berlusconi wies bisher alle Vorwürfe weit von sich. Schließlich veranstalteten auch andere Leute Partys mit vielen Leuten zu Silvester. "Ich werde schon bald Klarheit schaffen", sagte der Medienmogul. Dabei vertraut er wie eh und je auf sein Kommunikationstalent, alle Ungereimtheiten ausräumen zu können. "Am Ende werde ich alle Italiener auf meiner Seite haben", ist sich der erfolgsverwöhnte Cavaliere, wie Berlusconi auch genannt wird, sicher.

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