Abwrackprämie als Lichtblick

Autoindustrie: Hersteller, die Mini- und Kleinwagen in ihrer Produktpalette haben, profitieren überdurchschnittlich stark. VW, Ford und Opel melden Rekordzahlen.

Düsseldorf. Die Automobilwirtschaft freut sich über die Abwrackprämie als Produktionsmotor. Opel und VW melden Rekordabsätze im Kleinwagenbereich. Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), sieht sogar eine Chance, 2009 bei den Neuzulassungen die Drei-Millionen-Grenze zu knacken. Bislang war der VDA von knapp über 2,7 Millionen Fahrzeugen ausgegangen.

Nach den aktuellsten Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) in Flensburg sind nur die Hersteller von Mini- und Kleinwagen im Aufwind. Gerade im Mini-Segment habe es im Januar mit einem Anstieg von 33,8 Prozent gegenüber dem Vormonat einen regelrechten Boom gegeben, sagt KBA-Sprecher Stephan Immen. Das Kleinwagen-Segment konnte immerhin noch eine Steigerung von einem Prozent verzeichnen. Größter Verlierer sind die Oberklasse-Fahrzeuge, die einen Rückgang von 48 Prozent verzeichnen mussten. Ganz hart traf es Mercedes: Der CLS verlor 46Prozent, die S-Klasse 37,1 Prozent gegenüber dem Vormonat.

In der Mini-Sparte führt nach KBA-Angaben der Smart Fortwo (2262 Neuzulassungen im Januar) vor dem Citroen C1 (1861 Neuzulassungen) und dem Fiat500 (1702 Neuzulassungen). Im Kleinwagen-Segment entschieden sich die meisten Neuwagenkäufer im Januar für einen VW Polo (5474 Neuzulassungen). Es folgen Ford Fiesta (4562) und Opel Corsa (3799). Für den zu Ende gehenden Februar erwartet KBA-Sprecher Immen in beiden Sparten noch weitere Steigerungen. Der Grund: Dann greift erstmals die Abwrackprämie. Sie hatte auf die Januar-Zahlen noch keinen großen Einfluss, weil sie erst zum 14. Januar eingeführt wurde und Anträge erst ab 27. Januar möglich waren.

Zuständig ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Dort stehen 1,5Milliarden Euro zur Verfügung, die für knapp 600000 Anträge reichen. Dabei gilt das Windhund-Prinzip: Wer zuerst kommt, kassiert zuerst. Bis gestern waren bei der Bafa bereits 133608 Anträge gestellt worden, so dass noch 466392 Anträge eingereicht werden können. Allerdings hat das Bafa inzwischen Sicherungsmaßnahmen gegen Betrugsversuche mit der Prämie eingebaut: Ab März müssen Autokäufer deshalb mit dem Prämienantrag beim Bafa den entwerteten Fahrzeugbrief im Original vorlegen - bislang reichte eine Fotokopie.

Das ist noch unklar. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) lässt derzeit die rechtlichen Möglichkeiten des Bundes prüfen, will Anfang kommender Woche ein Ergebnis vorlegen. Das Problem: Die Abwrackprämie gilt als sogenannte geldwerte Einnahme, muss deshalb nach den geltenden Vorschriften des Sozialrechts Hartz-IV-Empfängern auf die Grundsicherung angerechnet werden. Sie könnten also nicht von dem Geld profitieren. Dies sei diskriminierend, finden viele SPD-Abgeordnete, Grüne und auch die Linkspartei. Sie fordern notfalls eine Gesetzesänderung.

Die Abwrackprämie, die offiziell beschönigend Umweltprämie genanntwird, scheint zu funktionieren. Die gebeutelte Autoindustrie kommtzumindest im Mini- und Kleinwagen-Segment derzeit wieder auf Touren,kann die Nachfrage kaum befriedigen. Doch der Ansturm derprämienbegeisterten Kunden auf den Kleinwagen-Markt muss schon jetztals Strohfeuer angesehen werden, das spätestens dann verlöschen wird,wenn die vom Bund bereitgestellten 1,5Milliarden aufgebraucht sind.

Unddann? Dann werden Autohersteller, Zulieferer und Kfz-Handel letztlichvor den selben Problemen stehen, die sie auch vor der Prämie schonhatten: Der Nachfragemarkt ist weitgehend gesättigt, und dieProduktionskapazitäten sind zu üppig, um dauerhaft ausgelastet zu sein.Deshalb ist das Abwrackprämien-Strohfeuer ein notwendiger Zeitgewinn,um diese Überkapazitäten sozialverträglich abbauen zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort