Zwei Jahre Haft für Fahrradwurf

Frau in zweiter Instanz härter bestraft. Opfer liegt im Wachkoma.

Ratingen. Hakki Ö. (26) liegt seit zweieinhalb Jahren im Wachkoma. Wie aus dem Nichts hatte ihn am 10. Juli 2005 ein Kinderrad mit voller Wucht aus 21 Metern Höhe am Kopf getroffen. Die Frau, die ihm das angetan hat, wurde am Mittwoch vom Düsseldorfer Landgericht zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Noch in erster Instanz hatte das Schöffengericht eine zweijährige Bewährungsstrafe verhängt. "Von dem Urteil muss eine Signalwirkung ausgehen", begründete der Vorsitzende Richter die härtere Entscheidung. "Die Strafe zur Bewährung auszusetzen, ist nicht mehr angemessen."

Die 36-jährige Irma S. hatte das rund zehn Kilo schwere Rad vom Balkon ihrer Wohnung im siebten Stock eines Hochhauses in Ratingen-West geworfen. Am Tattag hatte sich die vierfache Mutter mit ihrem Lebensgefährten gestritten. Aus Wut und in Rage habe sie sich dann das Rad geschnappt und es über die 1,10 Meter hohe Balkonbrüstung geschleudert, heißt es. Die Kammer wertete die Tat als fahrlässige Körperverletzung. Über die Folgen des Wurfs hätte die Angeklagte bei ihrer Tat nicht nachgedacht. Ein bedingter Vorsatz sei deshalb nicht zu erkennen, betonte der Vorsitzende Richter.

Irma S. machte am Mittwoch keine Angaben zu dem Vorfall. Versteckt hinter einer dunklen Sonnenbrille war die nur 1,52 Meter große Frau zum Berufungsprozess erschienen. In erster Instanz hatte sie die Tat zunächst gestanden, ihr Geständnis später aber widerrufen. Der Vorsitzende Richter hatte damals spekuliert, ob die 36-Jährige die Tat nur auf sich genommen habe, um ihren vorbestraften Lebensgefährten zu schützen. Zwei ihrer Kinder werden mittlerweile vom Jugendamt betreut.

Der 26-jährige Hakki Ö., ein leidenschaftlicher Fußballer, war bei dem Aufprall schwer verletzt worden. Seine Schädeldecke war zerbrochen und Gehirnmasse ausgetreten. Er kann weder sprechen noch laufen. "Er vegetiert vor sich hin und wartet auf den Tod", sagte sein Bruder (28), der im Berufungsprozess als Nebenkläger auftrat. Auch ein medizinischer Gutachter bestätigte, dass der Patient nur wenig Fortschritte gemacht habe.

Für die Familie des 26-Jährigen ist der Unfall eine Tragödie: Die Ehefrau des Opfers hat sich mittlerweile von ihrem schwer behinderten Mann getrennt. Die Eltern des 26-Jährigen wurden inzwischen selbst zum Pflegefall.

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