Zeugen im Vierfachmord-Prozess - Eine „Vorzeigefamilie“

Ulm (dpa). Über Streitereien wusste niemand etwas: Von einemharmonischen Verhältnis in der Familie haben am Mittwoch vor demLandgericht Ulm Zeugen im Prozess um den Vierfachmord von Eislingenberichtet.

Freunde und Bekannte eines der beiden geständigenAngeklagten und seiner ermordeten Familie erzählten übereinstimmend, essei eine „Vorzeigefamilie“ gewesen, die man beneiden konnte.

Der Vaterhabe zwar gesagt, „wo es lang geht“, gab die Witwe des Patenonkels vonAndreas H. zu Protokoll. Allerdings habe sie den Eindruck gehabt, dassdie Familie das nicht störe, für sie sogar von Vorteil gewesen sei.

„Andreas wurde ganz besonders geliebt“, sagte die Zeugin. Die gesamteFamilie sei stolz auf ihn gewesen, als er etwa als Schulsprecher dieAbschlussfeier in seiner Realschule moderiert habe. Sie berichtetejedoch auch von einem Sinneswandel des Sohnes der getöteten Familie.Danach habe es Überlegungen gegeben, dass Andreas H. denmittelständischen Betrieb ihres Mannes übernehmen soll.

Eine Woche vorder Tat habe sie die Eltern und Andreas H. dann zufällig in einerKneipe getroffen. Damals habe Andreas H. überraschend erzählt, er wolleLehramt studieren und Geld sei ihm nicht so wichtig.

Der zur Tatzeit 18-jährige Andreas H. soll zusammen mit seinemSchulfreund Frederik B. seine Eltern und beiden Schwestern aus Habgiermit 30 Schüssen ermordet haben. Nach Darstellung der beiden Angeklagtenfeuerte Frederik B. auf Bitten von Andreas H. sämtliche Schüsse alleineab.

Die Ermittler sehen Habgier als Motiv. So habe Andreas H. 256 000Euro seiner Mutter alleine erben und seinen 19- jährigen Freund daranbeteiligen wollen. Es soll sogar eine Wunschliste gegeben haben.

Die Anwälte der beiden Angeklagten streiten dieses Motiv jedoch ab.Andreas H. führte laut seinem Anwalt vor Gericht die familiäreSituation als Grund an. Er habe sich irgendwann vor der Frage gesehen:Entweder die oder ich. Sein mitangeklagter Schulfreund Frederik B.hatte ausgesagt, Andreas H. habe sich in seiner Familie nicht wohlgefühlt und schon 2008 Tötungsabsichten entwickelt.

Am vergangenen Dienstag hatte das Gericht unter anderem die beidenLebensgefährten der zwei ermordeten Schwestern vernommen. Bei ihnenentschuldigten sich die beiden Angeklagten für ihre Tat.

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