Wotan Wilke Möhring: Er hat schon fast alles gemacht

Elektriker, Türsteher, Model – Wotan Wilke Möhring hat viele Berufe ausprobiert. Und der Schauspieler ist noch nicht am Ende seiner Suche angekommen.

Köln. Sich gängeln lassen, einfach Anweisungen ausführen, das war noch nie seine Art. Und so hält Wotan Wilke Möhring auch die rote Fußgängerampel an der leeren Straße nicht auf. "Eine Ampel regelt den Verkehr. Sehen Sie hier irgendwelchen Verkehr, der geregelt werden müsste?", fragt er und geht herüber.

Für den 41-Jährigen waren diese Charakterzüge nicht immer unproblematisch. Mit der westfälischen Gründlichkeit des geborenen Detmolders ging Möhring seinen Weg. Probierte sich aus, studierte, machte eine Elektriker-Lehre ("Zur Not kann ich immer noch Kabel verlegen"), war DJ, Model, Clubbesitzer, machte zwischendurch Punkrock. Und fand sich dann zur eigenen Verwunderung in der Schauspielerei wieder. "Ich hab mal in der Schule den Andri in ,Andorra’ gespielt, aber richtig theaterbegeistert war ich nie."

Seit elf Jahren arbeitet er nun vor der Kamera. Seine bisher längste Zeit in einem Beruf, aber er fühlt sich noch ganz wohl dabei. An Angeboten mangelt es nicht.

Mittelblond, gut aussehend, ohne ein Schönling zu sein - das macht ihn, wie es im Branchenjargon trocken heißt, "sehr verwendungsfähig". Aber es kommt noch etwas anderes hinzu, etwas Eckiges, Aufmüpfiges. Da mag auch die Ruhrpott-Jugend in Herne mitschwingen, die Nähe zu einem Menschenschlag, der als bodenständiger als anderswo gilt und es mit Goethe hält: "Der Mensch ist, was er tut." Daher sucht er sich seine Freunde nicht unbedingt in Filmkreisen und kann es schon gar nicht leiden, wenn es im Gespräch kein anderes Thema als den Film oder die nächste Rolle gibt.

Seine ersten zehn Berufsjahre haben ihm zu einem Schatz an Lebenserfahrung verholfen, aus dem er jetzt als Schauspieler schöpfen kann: "Gewissermaßen sind die Rollen die Fortsetzung all der Berufe, die ich mal ausgeübt habe."

Architekt ist er allerdings niemals gewesen. Genau den spielt er aber heute im ZDF-Film "Ein riskantes Spiel". Ein Freund - gleichfalls Architekt, aber nicht sehr erfolgreich - wird schwer krank, hat Krebs. Da er aber die Beiträge nicht mehr bezahlen konnte, ist er aus der Krankenversicherung geflogen. Sein Freund springt ein, gibt ihm die eigene Versicherungskarte. Ein bisschen kriminell das Ganze, eben riskant - und noch etwas mehr, woran seine eigene kleine Wohlstandswelt kaputt zu gehen droht.

Wotan Wilke Möhring hat eigene Erfahrungen mit Krebs im Bekanntenkreis gemacht. "Was ist eigentlich schlimmer: diese furchtbare Krankheit, eine wahre Geißel der Menschheit, oder die Hilflosigkeit dessen, der dabei zusehen muss?", fragt er sich laut selbst. Zwei seiner Freunde sind an Krebs erkrankt. Und Möhring empfindet es durchaus als Privileg der Schauspielerei, dass er im Spiel eigenen Problemen näherkommen kann, und sie so vielleicht etwas besser besteht.

Dennoch weiß Möhring wieder nicht so recht, ob dieser Beruf wirklich sein letzter sein wird und er nicht doch noch mal ausbrechen wird: "Meine Suche ist noch nicht zu Ende." Und immer lockt die Musik als die wahre große Leidenschaft seines Lebens: "Dieses Gemeinschaftsgefühl, mit anderen auf der Bühne zu stehen - das ist schon etwas Einmaliges, das streift man so schnell nicht ab. Es ist eine Droge, von der man nie so ganz loskommt."

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