Umprogrammierte Zellen sollen Infarktgewebe reparieren

San Francisco (dpa) - Mit einem Gen-Cocktail haben US-Forscher menschliche Bindegewebszellen im Labor zu Herzmuskel-ähnlichen Zellen umprogrammiert. Mit diesem Ansatz ließe sich in Zukunft möglicherweise bei Infarktpatienten Narbengewebe in Herzmuskelzellen umwandeln.

Nach einem Herzinfarkt sterben Herzmuskelzellen ab. An der verletzten Stelle entsteht Narbengewebe, unter anderem aus Bindegewebszellen. Diese sogenannten Fibroblasten kommen aber auch im gesunden Herzen vor. „Fibroblasten machen etwa 50 Prozent aller Zellen im Herzen aus und stellen somit einen riesigen Pool an Zellen, die eines Tages genutzt und zu neuem Muskelgewebe umprogrammiert werden könnten“, sagt Srivastava. Damit könnte man - so die Hoffnung - direkt am Herzen neue Zellen entstehen lassen, die im Rhythmus des Organs schlagen, schreibt die Gruppe um Deepak Srivastava von den Gladstone Institutes in San Francisco (US-Bundesstaat Kalifornien) im Fachmagazin „Stem Cell Reports“.

Im vergangenen Jahr hatten Srivastava und Kollegen Mäusen nach einem Infarkt drei Gene, kurz GMT genannt, ins Herz verabreicht, um Fibroblasten umzuwandeln. Ein Teil von diesen zog sich im Herzrhythmus mit anderen Zellen zusammen, die Infarktnarbe verkleinerte sich und die Organfunktion besserte sich leicht.

Nun testete das Team in der Petrischale, ob die Methode auch mit menschlichen Fibroblasten funktioniert. Zunächst reicherten sie den GMT-Mix mit zwei zusätzlichen Genen an und verbesserten das Ergebnis dann mit zwei weiteren Genen und einem Wachstumsfaktor. „Während sich fast alle Zellen in unserer Studie zumindest zum Teil umwandelten, waren etwa 20 Prozent in der Lage, elektrische Signale weiterzuleiten — eine der Schlüssel-Eigenschaften von schlagenden Herzzellen“, sagt Mitautor Ji-Dong Fu.

Möglicherweise ließen sich die Ergebnisse bei Versuchen direkt im Herzen verbessern, hoffen die Forscher. Bei Mäusen habe sich gezeigt, dass die Zellen vor Ort besser arbeiten als in der Petrischale. Der nächste Schritt soll der Einsatz eines Gen-Cocktails bei größeren Säugetieren wie etwa Schweinen sein.

Boris Greber vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster sieht in der Methode einen „alternativen Ansatz, der parallel zu stammzellbasierten Ansätzen ausprobiert wird“. Bei dem beschriebenen Umfunktionieren müssten die Gene mit Retroviren ins Herz eingeschleust werden. „Diese Einschleusung wäre freilich nicht risikofrei“, sagt Greber. Außerdem müssten die Forscher es schaffen, nicht nur ein paar Zellen an der Oberfläche des Organs umzuwandeln, damit eine bessere Herzfunktion zu erwarten sei. Es seien noch viele Verbesserungen nötig, um die medizinische Anwendung ins Auge zu fassen, betont der Experte.

Die Gruppe an den Gladstone Institutes ist nicht die einzige, die an einer „direkten Reprogrammierung“ arbeitet. Wissenschaftler aus Tokio und auch ein Team aus Texas hatten in den vergangenen Monaten ebenfalls Ansätze vorgestellt, um Infarktgewebe aufzufrischen.

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