Neue Verfahren ermöglichen frühe Alzheimer-Diagnose

Bremen/Leipzig (dpa) - Die Diagnose von Alzheimer könnte bald schon Jahre vor dem Auftreten erster Symptome möglich sein. Bei den Betroffenen lagern sich im Gehirn spezielle Eiweiße ab. Diese können Nuklearmediziner mit einem bildgebenden Verfahren jetzt darstellen.

Eine Forschergruppe um den Leipziger Nuklearmediziner Osama Sabri hat zwei Substanzen entwickelt, die die Veränderungen im Hirngewebe sichtbar machen können. Diese wird er auf der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin in Bremen vorstellen, die noch bis Samstag geht. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft hält den Nutzen solcher Entwicklungen allerdings für begrenzt.

Die Eiweiß-Ablagerungen, die sogenannten Beta-Amyloid-Plaques, entstehen nach Angaben von Sabri mindestens zehn Jahre, bevor bei den Patienten erste Gedächtnisstörungen einsetzen. Neue Radiopharmaka, schwach strahlende Substanzen, machen diese bei einer speziellen Tomographie (Positronen-Emissions-Tomographie) erkennbar. Das Produkt einer Pharmafirma habe die US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassen, so Sabri. Ein unter Beteiligung der Leipziger Forscher entwickelter Marker werde im Laufe des Jahres wohl ebenfalls auf den Markt kommen.

„Das ist eine signifikante Verbesserung der Diagnostik“, sagte der Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Leipzig. Denn dadurch könne eine mögliche Erkrankung nicht nur früh entdeckt, sondern auch von anderen Formen der Demenz abgegrenzt werden. Für eine zweite Substanz läuft eine Studie mit 20 Patienten, die an Alzheimer im Frühstadium erkrankt sind. Dieser Marker soll eine Störung bestimmter Rezeptoren im Gehirn nachweisen, welche von löslichen Vorstufen der Beta-Amyloid-Plaques verursacht werden.

Bisher sei das nur mit Hilfe von aufwendigen Messungen möglich, sagte Sabri. Das neue Verfahren werde die Dauer der Aufnahme in der Röhre verkürzen und die Bildqualität verbessern. Zudem könne damit künftig kontrolliert werden, ob Medikamente bei Alzheimer-Patienten anschlagen und die Veränderungen im Gehirn aufhalten. „Die neuen Verfahren verbessern die Versorgung der Patienten“, sagte Sabri. Zugleich betonte er, dass diese nur ein Anfang seien. Denn noch immer gebe es für Alzheimer keine geeignete Therapie.

Aus diesem Grund hält die Deutsche Alzheimer Gesellschaft die neuen Diagnose-Verfahren zwar aus wissenschaftlicher Sicht für interessant. „Den Patienten wird das heutzutage aber nichts bringen, solange keine Therapie zur Verfügung steht“, sagte Sprecher Hans-Jürgen Freter. „Man wird sicherlich nicht sagen können, ob die Krankheit mit 70, 80 oder 90 Jahren ausbricht.“ Außerdem würden Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn nicht zwangsläufig bedeuten, dass jemand erkranken werde.

Die bestehenden Diagnosemöglichkeiten, zu denen unter anderem psychologische Tests und eine Computertomographie gehören, wären nach Ansicht von Freter deshalb zurzeit ausreichend, würden aber zu selten genutzt. Nach seinen Angaben leben etwa 1,2 Millionen Demenzkranke in Deutschland, zwei Drittel davon leiden an Alzheimer. Wichtig sei, dass die Betroffenen so früh wie möglich zum Arzt gingen und dieser ihre Beschwerden ernst nehme, sagte Freter. Mit Medikamenten könne das Fortschreiten der Krankheit um etwa ein Jahr verzögert werden.

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