Ursache für Gesichtsform : Neandertaler konnten tief atmen - aber weniger zubeißen
Frankfurt/Main (dpa) - Neandertaler konnten sehr tief Luft holen, aber nicht ganz so kräftig zubeißen wie bisher vermutet: Das haben Computersimulationen der Schädelmuskulatur von Neandertalern im Vergleich zum modernen Menschen und dem Frühmenschen Homo heidelbergensis ergeben.
Die Studie, an der das Senckenberg Institut für Naturforschung in Frankfurt beteiligt war, wird im Fachjournal „Proceedings B“ der britischen Royal Society vorgestellt.
In der Untersuchung ging es um die deutlichen Formunterschiede der Gesichter von Neandertalern und modernen Menschen. Die Annahme, dass die Neandertaler mit ihren kräftigen Kiefern und vergleichsweise breiten Nasenlöchern und Nasen besondere Bisskraft hatten, ließ sich dabei nicht bestätigen. Die Druckmodelle am Rechner zeigten jedenfalls keine signifikanten Unterschiede. Wissenschaftler waren zuvor davon ausgegangen, dass Neandertaler besonders kräftig zubeißen konnten, da vor allem Vorderzähne bei erwachsenen Neandertalern starke Abnutzungserscheinungen aufwiesen.
Dagegen zeigten die Simulationen, dass die Neandertaler erheblich mehr Luft beim Atmen aufnehmen konnten. Bei ihren Untersuchungen verglichen die Wissenschaftler Strömungsberechnungen zur Atemluft von Neandertalern, aber auch modernen Menschen aus verschiedenen Klimaregionen - Inuit ebenso wie Menschen aus tropischen Regionen. „Wenn ein Neandertaler eingeatmet hat, konnte er ein wesentlich größeres Luftvolumen einatmen“, sagte der Senckenberg-Wissenschaftler Ottmar Kullmer, zu dessen Forschungsschwerpunkten die Evolution des Menschen gehört.