Hepatitis bei Wildschweinen auf Menschen übertragbar

Riems (dpa) - Der Erreger Hepatitis E (HEV) bei Wildschweinen stellt offenbar auch eine Gefahr für Menschen dar.

„Dieser Erreger besitzt ein zoonotisches Potenzial, das heißt, er kann vom Wildschwein auf den Menschen übertragen werden“, sagte der Leiter des Instituts für neue und neuartige Tierseuchenerreger am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Martin Groschup, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Dies belegten HEV-Erkrankungen bei Menschen in Frankreich oder Japan, die im Zusammenhang mit dem Verzehr von rohem oder ungenügend gegartem Fleisch von Wildschweinen - besonders der Leber - stehen.

Noch aber seien die Übertragungsmechanismen von Tier zu Tier wie auch auf den Menschen nicht umfassend geklärt. „Hier besteht ein erheblicher Forschungsbedarf“, betonte Groschup. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ hatte kürzlich unter Berufung auf den Regensburger Virologen Wolfgang Jilg über eine mögliche Übertragung des Erregers auf den Menschen berichtet.

Neuere Untersuchungen belegten, dass auch bei deutschen Wildschweinen der Hepatitis-E-Erreger mit dem sogenannten Genotyp 3 weit verbreitet sei, sagte Groschup. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das FLI gehen davon aus, dass diese Erreger in Wildschweinen in Deutschland seit mindestens zwei Jahrzehnten existierten. Die Durchseuchung liege vermutlich bei etwa 15 Prozent.

Die Zahl von Hepatitis E-Fällen beim Menschen hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland kontinuierlich erhöht. 2010 wurden dem Robert Koch-Institut insgesamt 221 Fälle gemeldet, im Jahr zuvor waren es 108, 2006 wurden 51 Fälle gezählt. Anfangs ließen sich die meisten Erkrankungen mit Reisen nach Afrika, Asien oder Lateinamerika in Zusammenhang bringen, wo sich die Betroffenen über verunreinigtes Trinkwasser mit den HEV-Genotypen 1 und 2 infiziert hatten. Seit 2001 stiegen jedoch nicht nur die Erkrankungszahlen kontinuierlich an, sondern auch die Fälle, bei denen sich die Betroffenen offenbar in Deutschland infiziert haben, wie Groschup sagte. Wurden 2006 rund 47 Prozent der registrierten Hepatitis E-Fälle nicht mit Auslandsreisen in Verbindung gebracht, waren es 2009 knapp 79 Prozent.

In der Regel verläuft die Erkrankung beim Menschen harmlos. Typisch seien Grippesymptome und erhöhte Leberenzymwerte. Eine antivirale Therapie und einen in Europa zugelassenen Impfstoff gibt es derzeit nicht. Hepatitis E ist seit 2001 in Deutschland meldepflichtig. Seitdem wurden 743 Erkrankungen registriert.

„Wir vermuten, dass der Erreger durch Kontakt mit infektiösem Kot, Körperflüssigkeiten oder mit rohem Fleisch und Eingeweiden von Wildschweinen auf den Menschen übertragen werden kann“, sagte Groschup. Zu den potenziellen Risikopopulationen gehörten daher Waldarbeiter, Schweinezüchter oder Schlachthofmitarbeiter. Bei ihnen sei im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung ein deutlich erhöhter Anteil von Personen mit HEV-spezifischen Antikörpern gefunden worden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt Verbrauchern wie Jägern, beim Zerlegen und Zubereiten von Wildschweinen auf die Einhaltung hygienischer Standards zu achten und das Fleisch vor dem Verzehr gut zu erhitzen. Bei Einhaltung dieser Sicherheitsmaßnahmen sei die Gefährdung des Verbrauchers gering, sagte Groschup.

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