Wer die Eizell-Spende will, muss ins Ausland

Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg segnet die strenge österreichische Verbotsregelung bei der Fortpflanzungsmedizin ab. Und bestätigt auf diese Weie indirekt auch die ähnliche deutsche Rechtslage.

Straßburg. Für kinderlose Paare in Europa dürfte das Urteil eine Enttäuschung sein: Ein Staat darf die Fortpflanzung im Labor, mit gespendetem Sperma oder fremden Eizellen, verbieten. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Im konkreten Fall hatten zwei unfruchtbare Ehepaare aus Österreich geklagt. Nur durch eine Befruchtung im Labor hätten die Frauen ein Kind zur Welt bringen können, das mit einem der beiden Elternteile verwandt ist. Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf Deutschland, weil die Rechtslage hier sehr ähnlich ist.

„Die deutsche Rechtslage ist hier zwischen den Zeilen bestätigt worden“, sagt der Berliner Anwalt Udo von Langsdorff, Spezialist für Medizinrecht. Wie in Österreich ist hierzulande die Spermaspende erlaubt — allerdings nur, wenn der fremde Samen der Frau eingepflanzt wird. Eine Befruchtung im Labor schließt das Embryonenschutzgesetz aus.

Eizellen hingegen dürfen nicht gespendet werden. Dies soll verhindern, dass ein Kind zwei Mütter hat, argumentierte die Bundesregierung in einer Stellungnahme zum aktuellen Fall. Wenn eine Frau ein Kind austrage, das aus einer fremden Eizelle hervorgegangen sei, könne dies zu allerlei psychologischen Problemen für das Kind führen, zudem sei die Entnahme der Eizellen bei einer Spenderin ein riskanter Eingriff, so die Experten der Bundesregierung. Die österreichische Regierung fürchtet zudem, die Eizellspende könne zur wirtschaftlichen Ausbeutung der Spenderin führen. Die Zeugung im Reagenzglas mit fremdem Sperma oder fremden Eizellen könne ferner die Zucht von Designer-Babys befördern.

Erlaubt ist in Österreich wie in Deutschland die Entnahme, Befruchtung und Wieder-Einpflanzung eigener weiblicher Eizellen. Ebenfalls zugelassen ist in beiden Ländern die Befruchtung mit fremdem Spende-Sperma, dies allerdings nur im Körper der Frau. Diese Regelung sei widersprüchlich, hatten die beiden Klägerpaare moniert. Doch während die Kammer (die erste Instanz des EGMR) ihnen im April 2010 Recht gab, kassierte die Große Kammer nun das Urteil. Der Richterspruch vom Donnerstag ist bindend.

Ein Staat dürfe enge Vorgaben machen zur künstlichen Befruchtung, befanden die Richter. Denn von einer einheitlichen Gesetzeslage zur Samen- und Eizellspende könne in den 47 europäischen Staaten, für die die Rechtsprechung des EGMR gilt, keine Rede sein. Zwar gebe es einen Trend, die Spende zur Befruchtung im Labor zu erlauben. Der Gesetzgeber könne aber von einem großzügigen Ermessensspielraum Gebrauch machen und entsprechende Verbote aufstellen.

Zudem, so die Richter, stelle Österreich Paaren wenig Hürden in den Weg, die Befruchtungskliniken im Ausland nutzen. In den meisten der 47 Staaten des Europarats ist die Spende von Eizellen legal.

Der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Johannes Singhammer (CSU), lobte das „verantwortungsbewusste und zukunftsweisende“ Urteil. Eine „gespaltene Mutterschaft“ dient nicht dem Kindeswohl, könne negative Auswirkungen bei der seelischen Entwicklung eines Kindes haben. Es dürfe nicht zu einer „Kommerzialisierung von Eizell-Spenden“ kommen.

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