Weltkulturerbe: Aachens City wird ein Denkmal

Damit der Blick auf den Dom nicht zugebaut wird, soll die Innenstadt unter Schutz gestellt werden.

Aachen. Der große Aufschrei der Empörung ist bisher ausgeblieben. Das hat selbst Baudezernentin Gisela Nacken erstaunt. "Aber das ist ja oft so, dass sich die Leute erst dann rühren, wenn sie die Auswirkungen spüren", sagt sie.

Vielleicht sind die Aachener auch nur deshalb so friedfertig, weil es um nichts Geringeres als "ihren Dom" geht. Der darf nämlich nicht zugebaut werden. Dafür stellt die Stadt ihren Kern unter Schutz. Der Planungsausschuss traf am Donnerstag eine erste Entscheidung dazu.

"Wir machen aber kein Museum aus der Stadt", versichert Nacken, damit kein falscher Eindruck entstehen kann. Aber der Aachener Dom liegt so tief im Talkessel, dass man ihn bequem zubauen und die Sicht darauf versperren könnte.

"Die wenigen Blicke auf den Dom wollen wir uns nicht verbauen", erklärt sie. Es geht aber nicht um die Wünsche der Aachener, sondern um die Auflagen der Weltkulturorganisation Unesco. Die fordert eine Pufferzone für den Aachener Dom, eine Art Schutzzone für das Weltkulturerbe.

"1978 hat kein Mensch über eine Pufferzone nachgedacht", stellt der Aachener Dombaumeister Helmut Maintz fest. Heute sei das selbstverständlich. 1978 wurde die Pfalzkapelle Karls des Großen (768-814) als erstes deutsches Denkmal aufgenommen. 2005 dann der Beinahe-Sündenfall in Köln. Durch ein geplantes Hochhaus-Projekt landete der Kölner Dom auf der Roten Liste.

Die Kölner verhinderten gerade noch das Schlimmste. Im selben Jahr fragte die Unesco auch erstmals schriftlich die Pufferzonen-Situation der Welterbestätten ab. Die Aachener mussten passen, sie hatten noch keine Schutzzone. "Ihr müsst Euch darum kümmern", war daraufhin die klare Ansage.

Die Motivation hielt sich aber zunächst in Grenzen. Das Projekt gewann erst an Fahrt, als die Aachener ein wichtiges Anliegen bei der Unesco verfolgten: Sie wollten das Weltkulturerbe Dom auf die gesamte Pfalzanlage Karls des Großen erweitern, inklusive auf Teile des Rathauses. Auch wenn der erste Anlauf scheiterte, werden es die Aachener in ein paar Jahren wieder versuchen, unterfüttert mit Forschungsarbeiten.

Dass sie die Unesco, die Auflagen, aber auch ihr Anliegen ernst nehmen, zeigten sie unlängst schon beim Bau des neuen Hochschulcampus. Per Luftschiff loteten Experten die Sichtachsen zum Dom aus und errechneten, dass das Hochhaus an der Stelle maximal 70 Meter hoch sein darf, um den Dom nicht zu stören. 1200 Häuser liegen in dem geplanten Denkmalgebiet.

Während bei einem Baudenkmal die materielle Substanz geschützt wird, sind im Denkmalbereich in der Regel größere zusammenhängende Stadt- und Ortsquartiere von hohem historischen Zeugniswert. In NRW gebe es Denkmalbereiche, "aber Aachen ist ein relativ großer Bereich", stellt Landeskonservator Udo Mainzer fest.

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