Watte, Bier oder einfach nur beten: 80 000 Ratschläge für BP

Wattekugeln zum Verstopfen oder eine Atomexplosion am Meeresgrund? Der britische Mineralölkonzern BP hat schon 80 000 Ratschläge bekommen, wie man die Ölpest im Golf von Mexiko besiegen könnte. Darunter sind viele Schnapsideen, aber auch kluge Gedanken.

Washington (dpa) - Senator Chuck Grassley aus dem US-Staat Iowaglaubt, dass er das richtige Rezept gegen die Ölpest im Golf von Mexikogefunden hat. „Ich glaube, es gibt Alternativen zum Aufsaugen von Öl,die noch nicht genutzt worden sind“, sagte der Republikaner kürzlichvor Reportern. „Es gibt einen Prozess beim Bierbrauen, ich weiß nicht,ob es Hefe oder was es ist? Man kann diese mikroskopischen Dinge ins Öltun, und sie sterben, und alles, was dann noch übrig bleibt, ist etwasMethangas.“

Die Lage am Golf wird immer dramatischer - aber bei allem Ernst sorgtenGrassleys Äußerungen denn doch für einiges Amüsement in den USA. „Waswill er - das Meer betrunken machen, damit es das Öl herauskotzt?“spöttelte etwa der prominente TV-Politsatiriker Jon Stewart.

Grassleys Ratschlag ist nur einer von vielen - und keineswegs derabsurdeste. Allein bei BP sind mittlerweile mehr als 80 000 Anregungeneingegangen, wie das Ölleck am Meeresboden geschlossen, Wasser undKüsten gereinigt werden könnten. Auch im Internet überbieten sichPrivatbürger gegenseitig mit Ideen. BP hat bisher 40 Experten daraufangesetzt, den Berg von Tipps zu sichten. Das Team soll nach Angabenvon Unternehmenssprecher Mark Proegler ausgeweitet werden. Ungefähr 250Ideen würden zurzeit einer genaueren Prüfung und Tests unterzogen.

Dazu gehört eine Technologie zur Trennung von Wasser und Öl, in die derSchauspieler Kevin Costner gut 20 Millionen Dollar investiert hat. Auchein Verfahren zur Trennung von Öl und Sand, entworfen von einertexanischen Firma, schaffte es in die Endrunde. Dagegen stieß derVorschlag eines Biotech-Unternehmers, natürliche Mikroorganismen zurZersetzung des Öls einzusetzen, bei BP auf wenig Gegenliebe.

Von vornherein chancenlos war natürlich eine Überlegung russischerMedien: Wie wäre es, tief im (Meeres)boden einen Atomsprengsatz zuzünden? So etwas soll die damalige Sowjetunion vor Jahrzehnten getanhaben, um eine sprudelnde Quelle zu stopfen. Durch die Explosion der„Nukes“ könnte das Bohrloch praktisch zusammengeschmolzen werden, sodie Idee. US-Atomexperten gab das willkommenen Stoff für Fernseh-Auftritte, aber die Washingtoner Regierung winkte sofort ab: Dienukleare Option sei kein Thema. „Das wäre verrückt“, sagte einRegierungsbeamter.

Also vielleicht doch besser eine konventionelle Waffe - etwa einBeschuss des Öllecks mit großen Wattekugeln? Die könnten das Öl dochaufsaugen, empfahl ein Mann aus Florida. Und er muss es schließlichwissen: Er hat das Ganze nämlich mit einem Rohr seinerGartenbewässerungsanlage ausprobiert.

Eine Firma im US-Staat Maryland hat nach eigenen Angaben einen harzigenStoff entwickelt, der dreimal so dicht ist wie herkömmlicher Beton.Würde man so etwas in das Leck schießen, wäre es schnell verschlossen,glaubt das Unternehmen.

Ein wahrer Hit unter den Ideen: Schiebt einen aufblasbaren Gegenstandins Steigrohr, aus dem es sprudelt, etwa einen Ballon. Ähnlich, soargumentieren die Befürworter, praktizieren es Ärzte, wenn sie Arteriendichtmachen wollen - und was gut für den Menschen ist, kann auch indiesem Fall nur nützen. Auch ein Mitarbeiter der US-Umweltbehörde EPAist im Rennen. Er hat einen Ölleck-Stopfen entwickelt, der an einenRegenschirm erinnert, und hofft, dass BP darauf zurückgreift.

Ein Mann aus Virginia wundert sich, warum der britische Ölriese nochnicht selbst darauf gekommen ist: Wie wäre es, mehr Löcher in daskaputte Steigrohr in 1500 Meter Tiefe zu bohren? Dann würde nämlich derDruck sinken, mit dem jetzt das Öl aus Öffnung heraussprudelt, und BPkönnte das offene Rohrende dann leicht durch die Injektion vonHärtungsmitteln versiegeln.

Auch der Präsident könnte das Übel stoppen - meint zweifellos einpolitischer Gegner: Er wünscht sich Barack Obama auf dem Meeresboden,mit dem Daumen auf dem Leck. Umgekehrt regt ein Liberaler an, dass dererzkonservative Radio-Talker Rush Limbaugh seinen „fetten A...“ nutzt,um sich auf das Rohr zu setzen.

Eine Nonne hat eine ganz andere, friedvolle Anregung: Vielleicht, sogab sie in einem Radio-Wettbewerb um die beste Anti-Ölpest-Idee zubedenken, hilft eines am besten: beten.

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